Forschungsbereich Geschichte und Ethik in der Medizin
Forschungsprojekte


Die aufgeführten Forschungsprojekte wurden im Einzelnen gefördert bzw. unterstützt von folgenden Drittmittelgebern
(in alphabetischer Reihenfolge)

British Academy
Centre Marc Bloch Berlin
Charité - Universitätsmedizin Berlin
Deutsche Forschungsgemeinschaft
Deutsche Gesellschaft für die Geschichte der Nervenheilkunde
Deutscher Akademischer Austausch Dienst
Freie Universität Berlin
Humboldt-Universität zu Berlin
Japanese Society for the History of Psychiatry
Leo-Baeck-Institut London/Studienstiftung des deutschen Volkes
Institut für Europäische Geschichte, Universität Mainz
Oxford Brookes University
Society for the Social History of Medicine
Studienstiftung des deutschen Volkes
Universität Istanbul
University of Southampton
Wellcome Trust for the History of Medicine London
Zentrum für Psychiatrie Reichenau
Zentrum für Psychiatrie Winnenden

Die genannten Forschungsprojekte sind Projekte des Forschungsbereichs Geschichte und Ethik in der Medizin am ZfP Südwürttemberg/Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie I Universität Ulm, sowie der an diesem Forschungsbereich koordinierten „Historische Forschung“ der Zentren für Psychiatrie in Baden-Württemberg. Ausstellungsprojekte des Württembergischen Psychiatriemuseums Zwiefalten finden sich ebenfalls gelistet. Die Projektübersicht ist untergliedert in Projekte zur Geschichte bzw. Geschichte der Medizin, gefolgt von einer Aufstellung der Projekte zur Ethik in der Medizin. In der endständigen Rubrik „ARCHIV“ wurden abgeschlossene Projekte gelistet.

 

Forschungsprojekte zur Geschichte der Medizin1
(in Kooperation mit der Forschungsgruppe Sozialpsychiatrie
der Universität Tübingen)

1 Die Kurzbezeichnungen gehen auf gängige Sprachregelungen zurück oder leiten sich der klaren Zuordnung halber von den jeweiligen historisch-geographischen Ortsbezeichnungen ab. MUSE=Württembergisches Psychiatriemuseum Zwiefalten; COST= European Cooperation in the field of Scientific and Technical Research; BERL=an der Charité Berlin begonnene, und an der Univ. Ulm/ZfP Weissenau beendete/zu beendende Forschungsprojekte; CALW=Zentrum für Psychiatrie (ZfP) Calw; EMME=ZfP Emmendingen; REIC=ZPR Reichenau; SCHU=ZfP Bad Schussenried (SWZ); WEIN=ZfP Klinikum am Weissenhof Weinsberg; WEIS=ZfP Die Weissenau (SWZ); WIES=ZfP Wiesloch; WINN=ZfP Winnenden; ZWIE=ZfP Münsterklinik Zwiefalten (SWZ).

 

Kurzbezeichnung: MUSE 45
Wanderausstellung „Psychiatrie und Nationalsozialismus im deutschen Südwesten am Beispiel Zwiefaltens“
Die mit Mitteln von LEADER Mittlere Alb geförderte Wanderausstellung vermittelt Inhalte der regionalen wie lokalen Geschichte der Psychiatrie im Nationalsozialismus am Beispiel der ehemaligen Heilanstalt Zwiefalten. Die modular konzipierte Ausstellung legt Wert auf Aspekte des Nationalsozialismus „vor der Haustür“. Sie zeigt Verbindungen nach Grafeneck (Münsingen) ebenso auf wie Verknüpfungen beispielsweise mit dem Georgenhof (Hayingen) sowie den jüdischen Zwangsaltenheimen auf der Schwäbischen Alb.
Die im Forschungsbereich gewonnenen historischen Erkenntnisse sollen abseits der akademischen Welt mithilfe einer Wanderausstellung ein niederschwelliges Angebot schaffen, sich mit der Zeit des Nationalsozialismus zu befassen. Angesprochen werden auch Personenkreise, die bislang noch wenig oder keine Berührung mit der Thematik hatten. Dies ist, auch angesichts des Aufstiegs rechtspopulistischer und rechtsextremer Bewegungen in Deutschland und Europa, heute wichtiger denn je.
Voraus gingen Auswertungen von Primärquellen der regionalen Krankenhausarchive, sowie weiterer zuständiger Archive, auch die Einbettung eigener Forschungsergebnisse des Forschungsbereichs in die bereits vorhandene überregionale Sekundärliteratur. Die Ausstellungstexte sind für ein breites Publikum geeignet. Die aus mobilen Roll-ups bestehende Ausstellung ist modular konzipiert und soll kostenlos an Gemeinden, Schulen und Institutionen verliehen werden.
Projektdauer: seit April 2023.
Ausstellungsbeginn: Januar 2024
Verantwortlich für die Ausstellung: Dr. Bernd Reichelt, Prof. Dr. Thomas Müller, Mareike Reichelt, Katharina Witner, Dr. Uta Kanis-Seyfried.

 

Kurzbezeichnung: MUSE 44
DZOK-Ausstellung: „Man wird ja wohl noch sagen dürfen“. Zum Umgang mit demokratiefeindlicher und menschenverachtender Sprache
Die Präsentation der Wanderausstellung des Dokumentationszentrums Oberer Kuhberg Ulm (DZOK) an den unterschiedlichen Standorten des ZfP Südwürttemberg ist Ergebnis der Kooperation der Historischen Forschung mit dem DZOK Ulm, die nach der Weissenauer Tagung der NS- Forschungs-, Gedenk- und Bildungsorte in Oberschwaben im Oktober 2018 initiiert wurde.
Menschen verbal zu attackieren und die Demokratie anzugreifen, gehörte zum Wesen des Nationalsozialismus. „Lügenpresse“ war beispielsweise im nationalsozialistischen Sprachgebrauch ein Kampfbegriff, der heute wieder Verwendung findet: in sozialen Medien, im Alltag und in der Politik rechtspopulistischer und rechtsextremer Parteien. Die Ausstellung „Man wird ja wohl noch sagen dürfen…“ stellt demokratiefeindliche und menschenverachtende Begriffe von damals und heute vor; außerdem eigentlich neutrale Begriffe, die als Waffe benützt werden können. Die Ausstellung fragt: Was bedeuten diese Wörter? Wie wurden sie früher und wie werden sie heute verwendet?
Ausstellungsdauer im Staatsarchiv Sigmaringen: 28.06.2023 - 11.08.2023
Die Vernissage zur Ausstellung findet am 27. Juni 2023 um 18 Uhr im Spiegelsaal des Staatsarchivs statt.
Verantwortlich für die Ausstellung: Prof. Dr. Thomas Müller, Dr. Bernd Reichelt (ZfP Südwürttemberg); für das Staatsarchiv Sigmaringen: Dr. Franz-Josef Ziwes.

 

Kurzbezeichnung: MUSE 43
„Künstler-Patient*innen“ aus Württemberg und Baden. (Aus-)Wege und (Selbst-)Verwirklichung
Die Wechselausstellung des Württembergischen Psychiatriemuseums stellt die Erweiterung einer Ausstellung des Württembergischen Psychiatriemuseums am Standort Weissenau (MUSE 25) dar. Es werden Menschen porträtiert, die auf ihre individuelle Art und Weise die Kunst auf verschiedenen Gebieten bereichert haben. Da die konservatorischen Anforderungen an die Werke dieser Künstler*innen, die sich in Sammlungen befinden, es heute nicht mehr zulassen, die Originale erneut an den Orten auszustellen, an denen sie entstanden sind, soll diese Wanderausstellung diese empfundene Kluft helfen, zu überbrücken. Allen Künstler*innen gemeinsam ist, dass sie psychische Erkrankungen erfahren haben. Neben den künstlerisch tätigen Patienten Friedrich Pöhler, Gustav Mesmer und August Natterer stellt die erweiterte Ausstellung Patient*innen aus weiteren psychiatrischen Einrichtungen aus Württemberg und Baden vor: Else Blankenhorn (Reichenau), Albert Speck (Zwiefalten) und Helene Maisch (Illenau). Die Ausstellung präsentiert die Biografien der Künstler*innen und zeigt die persönlichkeits- und künstlerisch bedingten Unterschiede zwischen diesen Menschen, sowie auch deren Gemeinsamkeiten, die vor allem auf Erfahrungen mit der zeitgenössischen Psychiatrie zurück zu führen sind. Die Ausstellungsinhalte zu den Patient*innen Else Blankenhorn und Helene Maisch wurden in Kooperation mit Winfried Klimm (Reichenau) sowie bezüglich Helene Maisch mit Hanna Sauer (Freiburg/Solingen) und Winfried Hoggenmüller (Achern) erstellt.
Ausstellungsdauer im Sächsischen Psychiatriemuseum in Leipzig: 12.07.–31.10.2023
Verantwortlich für die Ausstellung: Prof. Dr. Thomas Müller, Dr. Uta Kanis-Seyfried, Dr. Bernd Reichelt. Verantwortlich in Leipzig: Thomas R. Müller (Sächsisches Psychiatriemuseum)

 

Kurzbezeichnung: MUSE 42
„Künstler-Patient*innen“ aus Württemberg und Baden. (Aus-)Wege und (Selbst-)Verwirklichung
Die Wechselausstellung des Württembergischen Psychiatriemuseums, zeigt Porträts von Menschen, die auf ihre individuelle Art und Weise die Kunst auf verschiedenen Gebieten bereichert haben. Außerdem ist allen Künstler*innen gemeinsam, dass sie psychische Erkrankungen erfahren haben. Da die originalen Kunstwerke aufgrund konservatorischer Anforderungen heute nicht mehr an anderen Ausstellungsorten präsentiert werden können, möchte diese Wanderausstellung diese Kluft überbrücken. Neben den künstlerisch tätigen Patienten Friedrich Pöhler, Gustav Mesmer, August Natterer und Albert Speck, alle Patienten der ehemaligen Heil- und Pflegeanstalt Weissenau, Schussenried und Zwiefalten, stellt die Ausstellung außerdem Patientinnen aus badischen Einrichtungen vor: Else Blankenhorn (Reichenau) und Helene Maisch (Illenau).
Die Ausstellung präsentiert die Biografien der Künstler*innen und zeigt die persönlichkeits- und künstlerisch bedingten Unterschiede zwischen diesen Menschen, sowie auch deren Gemeinsamkeiten, die vor allem auf Erfahrungen mit der zeitgenössischen Psychiatrie zurückzuführen sind. Die Ausstellungsinhalte wurden vom Team des Württembergischen Psychiatriemuseums erarbeitet. Diejenigen zu den Patientinnen Else Blankenhorn wurden in Kooperation mit Winfried Klimm (Reichenau), sowie bezüglich Helene Maisch mit Hanna Sauer (Solingen) und Winfried Hoggenmüller (Achern) erstellt.
Vernissage und Vortrag zu der Künstlerin Helene Maisch (1890–1942): 24.02.2023; Referentin: Hanna Sauer, M.A. (Sammlung und Forschung, Zentrum für verfolgte Künste Solingen).
Ausstellungsdauer im Illenau Arkaden Museum (Achern): 20.01.2023—02.04.2023
Verantwortlich für die Ausstellung: Prof. Dr. Thomas Müller, Dr. Uta Kanis-Seyfried, Dr. Bernd Reichelt

 

Kurzbezeichnung: ZWIE 23
Vor Grafeneck: Tätigkeitsfelder und Handlungsspielräume des ärztlich-psychiatrischen Personals in Württemberg, 1933-1939
Hintergrund: Ab 1933 erhielt das ärztliche Personal der staatlichen Psychiatrie im Rahmen der erbbiologisch geprägten NS-Gesundheitsgesetzgebung neue Tätigkeitsfelder. Im Zentrum stand das „Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses“, in dessen Folge sehr viele Patient:innen zwangssterilisiert wurden. Auch die vom Gesetzgeber geplante "Erbbiologische Bestandsaufnahme“ stellte das ärztliche Personal vor neue Herausforderungen. Im Rahmen des Projekts wird ausgehend von einer Analyse der Personalstruktur im Ärztlichen Dienst nach den Tätigkeitsfeldern und Arbeitsweisen des ärztlichen Personals gefragt. Welche Rolle spielten Alter, berufliche Sozialisierung und Herkunft beim ärztlichen Personal im Hinblick auf eine Täterschaft und welche Handlungsspielräume gab es im Einzelnen? Welche besonderen Spezifika prägten die einzelnen Anstalten? Der Ansatz erfolgt in erster Linie gruppenbiografisch, durch Auswertung von Jahresberichten, Patientenakten sowie von Personalakten des ärztlichen Personals.
Bearbeiter: Bernd Reichelt
Aktueller Stand: Vorträge, Publikationen
Projektierter Bearbeitungszeitraum: 2019-2024

 

Kurzbezeichnung: MUSE 41
DZOK-Ausstellung: „Man wird ja wohl noch sagen dürfen“. Zum Umgang mit demokratiefeindlicher und menschenverachtender Sprache
Die Präsentation der Wanderausstellung des Dokumentationszentrums Oberer Kuhberg Ulm (DZOK) an den unterschiedlichen Standorten des ZfP Südwürttemberg ist Ergebnis der Kooperation der Historischen Forschung mit dem DZOK Ulm, die nach der Weissenauer Tagung der NS- Forschungs-, Gedenk- und Bildungsorte in Oberschwaben im Oktober 2018 initiiert wurde.
Menschen verbal zu attackieren und die Demokratie anzugreifen, gehörte zum Wesen des Nationalsozialismus. „Lügenpresse“ war beispielsweise im nationalsozialistischen Sprachgebrauch ein Kampfbegriff, der heute wieder Verwendung findet: in sozialen Medien, im Alltag und in der Politik rechtspopulistischer und rechtsextremer Parteien. Die Ausstellung „Man wird ja wohl noch sagen dürfen…“ stellt demokratiefeindliche und menschenverachtende Begriffe von damals und heute vor; außerdem eigentlich neutrale Begriffe, die als Waffe benützt werden können. Die Ausstellung fragt: Was bedeuten diese Wörter? Wie wurden sie früher und wie werden sie heute verwendet?
Ausstellungsdauer im ZfP Reichenau: 01.12.2022 – 27.01.2023
Die Vernissage zur Ausstellung findet am 01.12.2022, um 15 Uhr, statt.
Verantwortlich für die Ausstellung: Prof. Dr. Thomas Müller, Dr. Bernd Reichelt (ZfP Südwürttemberg); für das ZfP Reichenau: Carolin Renz und Hannah Koch.

 

Kurzbezeichnung: MUSE 39
„Künstler-Patient*innen“ aus Württemberg und Baden. (Aus-)Wege und (Selbst-)Verwirklichung
Die Wechselausstellung des Württembergischen Psychiatriemuseums stellt die Erweiterung einer Ausstellung des Württembergischen Psychiatriemuseums am Standort Weissenau (MUSE 25) dar und wird im Herbst 2022 im Zentrum für verfolgte Künste in Solingen präsentiert. Die Ausstellung zeigt die Porträts der Menschen, die auf ihre individuelle Art und Weise die Kunst auf verschiedenen Gebieten bereichert haben. Da die konservatorischen Anforderungen an die Werke dieser Künstler*innen, die sich in Sammlungen befinden, es heute nicht mehr zulassen, die Originale an anderen Ausstellungsorten vorzustellen, soll die Wanderausstellung helfen, diese Kluft zu überbrücken. Allen Künstler*innen gemeinsam ist, dass sie psychische Erkrankungen erfahren haben. Neben den künstlerisch tätigen Patienten Friedrich Pöhler, Gustav Mesmer und August Natterer, die auch Patienten der ehemaligen Heil- und Pflegeanstalt Weissenau waren, stellt die erweiterte Ausstellung Patient*innen aus weiteren psychiatrischen Einrichtungen aus Württemberg und Baden vor: Else Blankenhorn (Reichenau), Albert Speck (Zwiefalten) und Helene Maisch (Illenau). Die Ausstellung präsentiert die Biografien der Künstler*innen und zeigt die persönlichkeits- und künstlerisch bedingten Unterschiede zwischen diesen Menschen, sowie auch deren Gemeinsamkeiten, die vor allem auf Erfahrungen mit der zeitgenössischen Psychiatrie zurück zu führen sind. Die Ausstellungsinhalte zu den Patient*innen Else Blankenhorn und Helene Maisch wurden in Kooperation mit Winfried Klimm (Reichenau) sowie bezüglich Helene Maisch mit Hanna Sauer (Solingen) und Winfried Hoggenmüller (Achern) erstellt.
Ausstellungsdauer im Zentrum für verfolgte Künste Solingen: 25.09.2022—20.10.2022.
Vortrag über die Künstlerin Helene Maisch (1890-1942): 25.09.2022; Referentin: Hanna Sauer, M.A. (Sammlung und Forschung, Zentrum für verfolgte Künste Solingen).
Verantwortlich für die Ausstellung: Prof. Dr. Thomas Müller, Dr. Uta Kanis-Seyfried, Dr. Bernd Reichelt.

 

Kurzbezeichnung: MUSE 37
Schloss Dellmensingen 1942. Ein jüdisches Zwangsaltenheim in Württemberg. Mit regionalen Bezügen zu Zwiefalten und Tigerfeld
Die Präsentation der erweiterten Wanderausstellung ist das erste Ergebnis einer Kooperation des Forschungsbereichs Geschichte und Ethik in der Medizin mit dem Museum zur Geschichte von Christen und Juden in Laupheim.
Inhalt: Im Zuge der Verfolgung und Vernichtung des europäischen Judentums durch das nationalsozialistische Deutschland entstanden auch in Württemberg seit Herbst 1941 eine Reihe jüdischer Zwangsaltenheime. Zwei dieser Einrichtungen waren zum einen in Schloss Dellmensingen, zwischen Laupheim und Ulm, sowie im ehemaligen Armenhaus in Tigerfeld, nahe Zwiefalten eingerichtet worden. Im Frühjahr 1942 wurden nach Dellmensingen 130, nach Tigerfeld mindestens 47 zumeist ältere, jüdische Württemberger*innen zwangsweise umgesiedelt. Im August 1942 wurden die Zwangsaltenheime endgültig geschlossen und die verbliebenen Insassen in das Konzentrationslager Theresienstadt deportiert. Nur vier Personen aus Dellmensingen und zwei Personen aus Tigerfeld überlebten die Shoah. Sowohl institutionell wie auch biografisch gibt es Verbindungen zur damaligen Heilanstalt Zwiefalten, welche 1939 seitens des Stuttgarter Innenministeriums zur Sammelstelle für jüdische Patienten und Patientinnen der psychiatrischen Anstalten Württembergs erklärt worden war. Sowohl das Schicksal der jüdischen Patientinnen und Patienten als auch die Geschichte des jüdischen Zwangsaltenheims in Tigerfeld sind inhaltliche Erweiterungen der Ausstellung aus Laupheim, für die der Forschungsbereich Geschichte und Ethik in der Medizin des ZfP Südwürttemberg / Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie I der Universität Ulm verantwortlich zeichnet.
Ausstellungsdauer im ZfP Südwürttemberg-Ravensburg-Weissenau: 15.12.2022—01.03.2023.
Informationen zur Vernissage folgen noch.
Verantwortlich für die Ausstellung: Prof. Dr. Thomas Müller, Dr. Bernd Reichelt.

 

Kurzbezeichnung: WEIS 10
Ein Koffer – aus Norwegen? ‚Austauschgeiseln‘ im NS-Lager Liebenau/Meckenbeuren
Hintergrund: Ausgangspunkt dieses Projekts ist ein Koffer, der in den 1940er-Jahren einer damals im oberschwäbischen Biberach tätigen Ärztin anvertraut worden war und seither in deren Familie zur Abholung durch die ursprünglichen Eigentümerinnen bereitsteht. Aufgrund seines Inhalts – mehrere Kunstbücher sowie einige von Hand beschriebene Schulhefte in norwegischer Sprache – war man zunächst davon ausgegangen, dass die namentlich gekennzeichneten Gegenstände aus dem Besitz norwegischer Staatsangehöriger stammten. Diese Annahme musste nach ersten eingehenden Prüfungen revidiert werden. Bücher und Hefte konnten zwei Amerikanerinnen zugeordnet werden, die sich offenbar gerade im norwegischen Oslo aufhielten, als die deutsche Wehrmacht einmarschierte und alle zivilen Ausländer*innen nach Deutschland, u. a. nach Liebenau bei Meckenbeuren verschleppte. In eigens für diese spezifische Personengruppe eingerichteten Internierungslagern mussten die dort festgesetzten Menschen warten, bis sie gegen im „feindlichen Ausland“ internierte Reichsdeutsche „ausgetauscht“ werden konnten („Austauschgeiseln“). Erst dann war die Rückkehr in ihre Heimatländer möglich. Geplant ist eine Rekonstruktion verschiedener Gefangenenbiografien, wobei auch neue Erkenntnisse im Hinblick auf Verwaltung, Unterbringung, Ernährung, Gestaltung des Alltagslebens in diesem oberschwäbischen Internierungslager sowie die Bedingungen, unter denen die Gefangennahme bzw. der Austausch der sich in Geiselhaft befindlichen Menschen vor sich ging, erwartet werden.
Bearbeitende: Uta Kanis-Seyfried, Radegundis Wulfert.
Aktueller Stand: Vorträge, Publikationen, Projektierter Bearbeitungszeitraum 2020-2025. Zwischenergebnisse siehe unter: Publikationen.

 

Kurzbezeichnung: SCHU 7
Dr. Malvine Rhoden geb. Weiss und ihre Familie. Eine lebensgeschichtliche Spurensuche
Hintergrund: Das Forschungsprojekt rekonstruiert die Lebensgeschichte von Dr. Malvine Rhoden, geborene Weiss (1885–1977), die in den Jahren 1911/1912 als erste Frau in der ehemaligen Heil- und Pflegeanstalt Schussenried medizinisch tätig gewesen war. Die Biografie basiert auf aktuellen wissenschaftlichen Fragestellungen der Frauen- und Geschlechtergeschichte, der Medizingeschichtsschreibung und der Zeitgeschichte Österreichs und Deutschlands. Die aus dem damaligen Habsburgerreich stammende Ärztin zählte zu einer Generation weiblicher Akademikerinnen, die erstmals die ihrem Geschlecht zugänglich gewordenen Bildungsmöglichkeiten Ende des 19. Jahrhunderts genutzt hatten und damit die zeitgenössische, patriarchalisch-strukturierte gesellschaftliche Ordnung infrage stellten.
Der private und berufliche Werdegang Malvine Rhodens wird sowohl im Kontext tiefgreifender gesellschaftlicher, sozialer, politischer und kultureller Veränderungen vom 19. Jahrhundert bis in die 1950er Jahre beleuchtet, als auch an innerfamilialen Entwicklungen gespiegelt. Auf diese Weise weitet sich die ursprüngliche Einzelbiografie zur Geschichte einer ganzen Familie.
Bearbeitende: Dr. Uta Kanis-Seyfried
Aktueller Stand: Vorträge, Publikationen, Ausstellungen
Projektierter Bearbeitungszeitraum 2017–2023, Publikation 2024.

 

Kurzbezeichnung: SCHU 6
Archivierung, Sicherung und Auswertung historischer Verwaltungsakten der ehemaligen Heilanstalt Schussenried
Hintergrund: Das Projekt beinhaltet die Übernahme von Verwaltungsakten der ehemaligen Heilanstalt Schussenried aus einem Zeitraum von etwa 1900 bis hauptsächlich in die sechziger Jahre des 20. Jahrhunderts durch den Forschungsbereich Geschichte und Ethik in der Medizin. Die historischen Akten wurden bis dahin von der Allgemeinen Verwaltung verwaltet. Die Übernahme, die auch einen räumlichen Umzug in Räumlichkeiten der Bibliothek Bad Schussenried vorsieht, beinhaltet eine Durchsicht sowie eine Katalogisierung der überlieferten Bestände nach wissenschaftlichen Maßstäben. Die Sicherung der historischen Überlieferung dient Forschungszwecken, insbesondere auch in Hinsicht auf die aktuelle historische Forschung zur ehemaligen Heilanstalt am Standort des heutigen Zentrums für Psychiatrie in Bad Schussenried.
Bearbeitende: Dr. Uta Kanis-Seyfried, Dr. Bernd Reichelt, Prof. Thomas Müller.
Aktueller Stand: Vorträge, Publikationen. Projektierter Bearbeitungszeitraum: 2020—2025.

 

Kurzbezeichnung: ZWIE 22
Jüdische Patient*innen in den ehemaligen Heilanstalten Südwürttembergs
Hintergrund: Auch wenn der jüdische Anteil an der Gesamtbevölkerung Württembergs weniger als ein Prozent betrug, waren Juden auf regionaler und lokaler Ebene am Ende des 19. Jahrhunderts ein wichtiger gesellschaftlicher Faktor , in Südwürttemberg insbesondere in Form der jüdischen Landgemeinden, beispielsweise in Buchau und Laupheim. Als Psychiatriepatient*innen waren sie bei wachsendem Antisemitismus doppelt stigmatisiert. Sie waren jüdisch und „geisteskrank“. Ab 1933 litten sie unter der NS-Erbgesundheitspolitik ebenso wie unter der Verfolgung der jüdischen Bevölkerung. Die Heilanstalt Zwiefalten wurde 1939 zur Sammeleinrichtung für jüdische Psychiatriepatient*innen in Württemberg. Die meisten von ihnen wurden 1940 Opfer der „Aktion T4“, der zentralen NS-„Euthanasie“. Später nach Zwiefalten verlegte jüdische Patienten wurden Opfer des Holocaust oder starben vor Ort in der Heilanstalt. Das Projekt beinhaltet die Aufarbeitung der Schicksale jüdischer Opfer sowie der Verquickung der NS-Psychiatrie mit dem Holocaust. Zum einen werden Kranken- und Verwaltungsakten sowie Gerichtsakten zum sogenannten Grafeneck-Prozess von 1949 analysiert. Zum anderen sind Kooperationsprojekte mit Partner*innen aus den jüdischen Museen in Laupheim und Gailingen begonnen bzw. in Planung.
Bearbeitende: Dr. Bernd Reichelt, Prof. Thomas Müller.
Aktueller Stand: Vorträge, Publikationen. Projektierter Bearbeitungszeitraum: 2020—2023.

 

Kurzbezeichnung: ZWIE 21
„Gräberfeld X, Tübingen“. Überführte verstorbene Patient*innen der ehemaligen Heilanstalt Zwiefalten in das Anatomische Institut der Universität Tübingen in der Zeit des Nationalsozialismus
Hintergrund: Ausgehend von der Aufarbeitung der Schicksale der im genannten Gräberfeld des Tübinger Stadtfriedhofs bestatteten Menschen, deren Leichname Verwendung im Anatomischen Institut der Universität Tübingen fanden, bemühen sich die Stadt Tübingen sowie die Eberhard-Karls-Universität Tübingen um gemeinsame Aufklärung im Rahmen eines interdisziplinären Forschungsprojekts. Der Forschungsbereich Geschichte und Ethik in der Medizin trägt mittels eigener Forschung zu dieser Aufarbeitung bei. Bereits untersucht wurden bisher im Rahmen der südwürttembergischen Anstalten diejenigen Leichname, die aus Zwiefalten nach Tübingen gelangten. Der Ansatz erfolgt multiperspektivisch. Zum Einen sollen durch Auswertung von Krankenakten der Verstorbenen, deren Körper nach Tübingen gelangten, etwaige Auswahlkriterien erfasst werden. Zur Analyse der Auswahl werden alle aus Zwiefalten verlegten Leichname in einer Datenbank erfasst und mit den Unterlagen des Anatomischen Instituts der Universität Tübingen bzw. der der zuständigen Arbeitsgruppe unter Leitung von Frau Prof. Benigna Schönhagen abgeglichen.
Eine Analyse der Auswahlgründe erfolgt unter anderem durch die stichprobenhafte Auswertung der erwähnten Krankenakten.
Bearbeitende: Dr. Bernd Reichelt, Prof. Thomas Müller.
Aktueller Stand: Vorträge, Publikationen. Projektierter Bearbeitungszeitraum: 2020—2023.

 

Kurzbezeichnung: ZWIE 20
Nach Grafeneck: Alltag, Leben und Sterben im Zweiten Weltkrieg in der Heil- und Pflegeanstalt Zwiefalten 1941-1945
Hintergrund: Nach der Beendigung der zentralen NS-„Euthanasie“, der sogenannten Aktion T4, in Württemberg im Dezember 1940, verloren in der Heilanstalt Zwiefalten selbst viele Patientinnen und Patienten ihr Leben. Ab 1941 stieg die Mortalitätsrate signifikant nach oben und war gegen Kriegsende eine der höchsten in Süddeutschland. 1942 zu einer Pflegeanstalt bestimmt, nahm die Einrichtung wiederholt eine große Anzahl an Patienten aus anderen Einrichtungen auf, während der Personalstand von Jahr zu Jahr verringert wurde. Im Rahmen des Projekts wird die Rolle der Zwiefalter Anstalt vor dem Hintergrund der sogenannten Regionalisierung in der dezentralen NS-„Euthanasie“ untersucht. Welche Auffälligkeiten gab es in Hinblick auf die Mortalität bestimmter Patientengruppen? Wie gestaltete sich der Anstaltsalltag im Zweiten Weltkrieg und nach der zentralen „Euthanasie“? Wie wirkte sich der „Krieg nach innen“ konkret auf die Behandlung der Patient*innen aus? Der Ansatz erfolgt multiperspektivisch. Zum Einen soll durch Auswertung von Personalakten das Anstaltspersonal gruppenbiografisch erfasst werden. Zur Analyse der Mortalität werden alle in Zwiefalten verstorbenen Patient*innen in einer Datenbank erfasst. Eine Analyse des Anstaltsalltags erfolgt unter anderem durch die stichprobenhafte Auswertung von Krankenakten.
Bearbeiter: Dr. Bernd Reichelt
Aktueller Stand: Vorträge, Publikationen. Projektierter Bearbeitungszeitraum: 2018—2023.

 

Kurzbezeichnung: WEIS 2
Zur Psychiatrie im Nationalsozialismus. Die Rolle der Ärztin Martha Fauser (18891975) in der „Euthanasie“ in Südwürttemberg (AT)
Gegenstand dieses Forschungsprojekts ist die Biographie der in den ehemaligen Anstalten Weissenau und Psychiatrie tätigen Ärztin Dr. Martha Fauser und ihrer Rolle in den Jahren des Nationalsozialismus. Die Arbeit integriert biographische und institutionshistorische Methodologien mit dem Forschungsinteresse der Gender Studies und der Studien zur Geschichte der Medizin im Nationalsozialismus. Fauser war eine prominente Figur im Rahmen der sog. T4-Aktion bzw. der „Euthanasie“, die sich in der BRD auch im Rahmen eines juristischen Prozesses für ihr Fehlverhalten zu verantworten hatte. Zugleich war sie eine der ranghöchsten Frauen in der württembergischen Medizin bzw. Psychiatrie in der Zeit des Nationalsozialismus.
Projekt: Akademische Qualifikationsarbeit. Bearbeitung: Laura Richter (Univ. Mannheim).
Kooperative Betreuung: Priv.-Doz. Dr. Angela Borgstedt (Philosophische Fakultät, Universität Mannheim), Prof. Dr. Thomas Müller.
Aktueller Stand: In 2015 abgeschlossene und begutachtete Arbeit (Staatsexamen, höherer Schuldienst, Note "sehr gut").

 

Kurzbezeichnung: SCHU 4/MUSE 8
Von der Seelsorge zur „Seelensorge“ Die Königliche Heil- und Pflegeanstalt Schussenried
„Verborgene Pracht — Vom Leben hinter Klostermauern“ ist der Titel einer Dauerausstellung, die im neu eingerichteten Museum Kloster Schussenried seit Mai 2010 präsentiert wird. Das im Besitz der Staatlichen Schlösser und Gärten Baden-Württemberg befindliche Klostergebäude zeigt in fünf Räumen die von einem Team des Landesmuseums in Stuttgart zusammengestellte Schau. Ein Schwerpunkt ist die wechselhafte kirchliche Geschichte des Prämonstratenserordens, der bis 1803 dort ansässig war. Ein anderer Schwerpunkt befasst sich mit der weltlichen Nutzung des Klosters, dem Eisenschmelzwerk „Wilhelmshütte“ und der Königlichen Heil- und Pflegeanstalt Schussenried, die von 1875 an psychisch erkrankte Menschen hier behandelte. 120 Jahre lang prägte der Krankenhausalltag die Räumlichkeiten auch im ehemaligen Klostergebäude, zuletzt 1996 im Bereich Rehabilitation und Sozialtherapie.
Mit Hilfe sachkundiger Unterstützung bei der Planung und Konzeption durch den Forschungsbereich Geschichte und Ethik in der Medizin der ZfP Südwürttemberg/Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie I der Universität Ulm widmet sich nunmehr knapp ein Fünftel der gesamten Ausstellungsfläche der Geschichte der Psychiatrie in Schussenried. Die zahlreichen Exponate und das vielfältige historische Bildmaterial stammen aus dem hauseigenen Fundus der Landespsychiatrien. Dargestellt und thematisiert werden die unterschiedlichsten Aspekte aus der Psychiatriegeschichte von der Unterbringung der Patienten und Patientinnen über ihre körperliche Versorgung bis hin zu den vielgestaltigen Therapieformen, Freizeitangeboten und Arbeitsmöglichkeiten.
Den Besuchern werden alle Aspekte, die der „Rettung der Seele“ dienlich waren, anschaulich und informativ nach modernen museumspädagogischen Konzepten nahe gebracht. Ebenfalls präsent sind auch unrühmliche, beklemmende Zeiten wie die des sogenannten Dritten Reichs der Nationalsozialisten (ausführlich aufgearbeitet und detailliert dargestellt ist dieser Aspekt im Württembergischen Psychiatriemuseum Zwiefalten). Berührend ist die Fragestellung am Ende der Ausstellung zur Psychiatrie: „Was bleibt?“ — vom Menschen, vom Individuum und seiner Persönlichkeit?
Kooperationspartner von „Schlösser und Gärten Baden-Württemberg“ im ZfP Südwürttemberg: Prof. Dr. Thomas Müller, Dr. Uta Kanis-Seyfried (inhaltlich verantwortlich für den Raum „weltliche Nutzung der Klöster in Oberschwaben“).
Aktueller Stand: Dauerausstellung der Staatlichen Schlösser und Gärten Baden-Württemberg. In 2019 Tagungsort einer einschlägigen historischen Fachtagung der Gesellschaft Oberschwaben: „Irrsinn“ in Oberschwaben. Historische Exkursionen von der Gründung staatlicher psychiatrischer Einrichtungen bis ins späte 20. Jahrhundert.

 

Kurzbezeichnung: ASIEN 1
Wissenstransfer und Modernisierungsdiskurs in der Medizin. Deutschland und Japan, ca. 1880-1950
Die Forschungskooperation ergibt sich aus der Zusammenarbeit im demnächst abgeschlossenen Projekt DFG-MU 1804/1-2 und bezieht sich thematisch auf das Feld der Geschichte der Medizin, insbesondere auf den internationalen Wissenstransfer zur medizinischen Disziplin der Psychiatrie. Japan und Deutschland stellen in Bezug auf das späte 19. und 20. Jahrhundert nicht allein ein interessantes Beispiel für einen systematischen internationalen Vergleich dar, sondern eignen sich aufgrund der engen wissenschaftlichen Beziehungen — weit über die Medizin hinaus — auch als Raum zur Analyse transnationaler Wissens- bzw. Wissenschaftstransfers. Besonderes Interesse fanden in der Medizin u.a. theoretische Krankheitskonzepte, apparative Diagnostik, architektonische und infrastrukturelle Konzepte oder curriculare Entwicklungen. Im Bereich der klinischen Psychiatrie interessierten sich japanische Ärzte u.a. für die deutschen Debatten um die Versorgung psychisch Kranker. In Bezug auf die japanische Rezeption der Debatten um sinnvolle Versorgungskonzepte in der Psychiatrie verdienen die vielfältigen Adaptationen europäischer Modelle an japanische Bedürfnisse besondere Aufmerksamkeit. Im Gewand eines Wissensimports aus dem europäischen Kontext wurden so vor dem Hintergrund der „Modernisierung“ in der Meiji-Ära unter anderem auch innerjapanische Konflikte um divergierende Entwicklungslinien der japanischen Medizin verhandelt.
Projekt: Forschungsprojekt zur freien Publikation. Kooperationspartner: Prof. Dr. Akira Hashimoto, Dept. for Social Welfare, Universität der Präfektur Aichi, Aichi/Japan, Prof. Dr. Thomas Müller.
Projektierter Bearbeitungszeitraum: Langzeitprojekt. Zwischenergebnisse siehe unter „Publikationen“.

 

Kurzbezeichnung: EUROPA 6
Die südwürttembergische Psychiatrie in der französischen Besatzungszeit 1945–1949
Nach der bedingungslosen Kapitulation der deutschen Wehrmacht im Mai 1945 wurde im Juli 1945 in Süddeutschland die Französische Besatzungszone eingerichtet. Sie umfasste neben dem Saarland und Rheinland-Pfalz die Länder Baden und Württemberg-Hohenzollern. Die französische Besatzungszeit in Württemberg endete im September 1949 mit der Gründung der Bundesrepublik Deutschland. In diesen vier Jahren war die Militärregierung auch für die staatlichen Heil- und Pflegeanstalten in Württemberg zuständig. Ziel dieses Projekts ist es, anhand ausgewählter psychiatrischer Kliniken – angedacht sind Schussenried und Zwiefalten – die württembergische Psychiatrie erstmals während der französischen Besatzungszeit näher zu beleuchten.
Zum Einen interessiert der Anstaltsalltag in der Psychiatrie unmittelbar in der vermeintlichen „Stunde Null“ sowie in den folgenden Jahren. Zum anderen soll der Umgang der französischen Besatzungsmacht mit der württembergischen Psychiatrie näher untersucht werden. Erstens soll untersucht werden, inwieweit die deutschen „Euthanasie“-Morde den Umgang mit den staatlichen Heil- und Pflegeanstalten beeinflussten. Zweitens soll untersucht werden, inwiefern ein Austausch zwischen der württembergischen und der französischen Psychiatrie stattfand und ob und wie weit französische Konzepte der Psychiatrie Eingang in die württembergische Psychiatrie gefunden haben.
Bearbeitung: Dr. Bernd Reichelt, Prof. Dr. med. Thomas Müller, M.A..
Aktueller Stand: Langzeitprojekt zur freien Publikation: 2013 – 2023.

 

Kurzbezeichnung: SCHU 2
Die württembergische Anstaltszeitung “Schallwellen“ (1897—1936) unter besonderer Berücksichtigung politisch-gesellschaftlicher Umbruchzeiten. Zeitgeschichte zwischen Psychiatrie und Alltagswelt
Das Projekt beschäftigt sich mit der württembergischen Anstaltszeitung „Schallwellen“, die von 1897 bis 1936 in der Heil- und Pflegeanstalt Schussenried hergestellt und herausgegeben wurde. Aus den darin veröffentlichten Texten wird ersichtlich, dass den Lesern der Zeitung weitaus mehr als nur „Belehrung und Kurzweil“ geboten wurde, da die Inhalte immer auch einen Bezug zum aktuellen Weltgeschehen herstellten. Der Mikrokosmos des Lebens hinter den Anstaltsmauern stand in permanenter Verbindung zum Makrokosmos davor und wurde von allen gesellschaftlichen, wirtschaftlichen, sozialen und politischen Veränderungen durchdrungen. Obwohl die Anstaltszeitung eine Vielzahl unterschiedlicher Ausdrucksformen bot – das Spektrum reicht von Kommentaren, über kurze Meldungen, Berichten über Reisen, Flora, Fauna und Architektur, fiktiven Erzählungen bis hin zu Witzen und Silbenrätseln – spiegelte sie immer auch das wider, was die Menschen um die Jahrhundertwende, im Ersten Weltkrieg, während der Wirtschaftskrise Ende der zwanziger Jahre und unter der Herrschaft der Nationalsozialisten bewegte.
Bearbeiterin: Uta Kanis-Seyfried.
Aktueller Stand: Forschungsprojekt zur freien Publikation. Projektierter Gesamtzeitraum 2009—2023.

 

Kurzbezeichnung: SCHU 3
Laienliteratur zur Psychiatrie
Kritik an der Psychiatrie, ihren ärztlichen Vertretern und den Anstalten ist nicht neu. Bereits im 19. Jahrhundert regte sich Widerstand in der Patientenschaft wie aufgeklärter Gesellschaft und führte zu intensiver Auseinandersetzung mit der institutionalisierten Form der psychiatrischen Versorgung. In sogenannten „Irrenbroschüren“ beispielsweise, die in kleinen Verlagen gedruckt und unters Volk gebracht wurden, machten vor allem Patienten, die sich zu Unrecht in eine Anstalt eingewiesen wähnten, ihrem Ärger Luft. In diesen Selbstzeugnissen werden nicht nur individuelle Lebenswege autobiografisch dargestellt, vielmehr werfen sie auch ein von persönlichem Erleben geprägtes Bild auf zeitgenössische Rechtslagen, Behördenwillkür und staatsmächtige Regulierung aufsässiger, „querulatorischer“ Persönlichkeiten. Der in der Schussenrieder Heil- und Pflegeanstalt angeblich „vier Jahre unschuldig“ eingesperrte Wilhelm Kuhnle ist einer dieser Fälle, die in der Öffentlichkeit Aufsehen erregten. Seine psychiatriekritische Schrift (1894 im Stuttgarter Verlag Robert Lutz erschienen) erhellt auf eine gänzlich andere Art und Weise das Leben vor und hinter den Anstaltsmauern als das 1895 veröffentlichte Tagebuch des Pfarrers Heinrich Hansjakob. In dieser Schrift mit dem Titel „Aus kranken Tagen“ beschreibt der Pfarrer seinen freiwilligen mehrmonatigen Aufenthalt in der Heilanstalt Illenau, wo er Linderung von seinen „Nerventeufeleien“ suchte.
Bearbeiter: Uta Kanis-Seyfried/Thomas Müller.
Aktueller Stand: Forschungsprojekt zur freien Publikation. Projektierter Gesamtzeitraum 2009—2023.

 

Kurzbezeichnung: ZWIE 8
Familienpflege und agrikole Kolonie als Erweiterungssysteme stationärer Therapie am Beispiel Zwiefaltens Versorgungsforschung in historischer Perspektive
In diesem Projekt wird ein Forschungsansatz verfolgt, der klassische Institutionsgeschichte (als unabdingbare Basis jeder methodologisch anspruchsvollen Forschung) mit für das 19. Jahrhundert charakteristischen Aspekten wie der Debatte um die sog. Asylierung psychisch Kranker und ihrer Mängel in einen Zusammenhang stellt. Konkret wurde neben der Familienpflege in Zwiefalten auch eine landwirtschaftliche Kolonie etabliert, deren therapeutische, organisatorische wie auch ökonomische Bedeutung in diesem Projekt untersucht werden soll.
Projekt: Akademische Qualifikationsarbeit: Bearbeiter: Jana Kirchschlager. Betreuung: Prof. Dr. Thomas Müller, Prof. Dr. Gerhard Längle.
Aktueller Stand: Akademische Qualifikationsarbeit. Projektiertes Ende des Bearbeitungszeitraums: 2023.

 

Kurzbeschreibung: ZWIE 18/ EUROPA 7
Von Südtirol nach Württemberg. Die „Umsiedlung“ Südtiroler Psychiatriepatienten im Rahmen des deutsch-italienischen Optionsvertrags
Gegenstand der Untersuchung sind die Abläufe der Verbringung von Südtiroler Patientinnen und Patienten in die südwürttembergischen Heil- und Pflegeanstalten Zwiefalten und Schussenried, sowie zum Teil nach Weissenau im Jahr 1940. Im Interesse stehen die staatlichen Vorverhandlungen, die sog. Optionsverträge zwischen dem Deutschen Reich und Italien sowie die Behandlung der Südtiroler Patientinnen und Patienten in den Anstalten selbst. Einerseits steht die Frage der Behandlung dieser Patienten im Vergleich zu den einheimischen Patienten zur Debatte. Andererseits ist vor dem Hintergrund des aktuellen Kenntnisstands von einer Ungleichbehandlung (organisatorische, außenpolitische etc.) der Südtiroler Patienten im Vergleich zu den „volksdeutschen Umsiedlern“ aus anderen Regionen bzw. „Streusiedelungen“ im Ausland auszugehen. Die sog. Rückführungen bzw. Verhandlungen zwischen den Rechtsnachfolgestaaten um die Verlegung der Patientinnen und Patienten ab 1945 stellen eine weitere Vergleichsebene dar.
Bearbeitung: Prof. Dr. med. Thomas Müller, M.A., Dr. Uta Kanis-Seyfried, M.A., in Kooperation mit Kirsten Düsberg (Udine, Italien).
Aktueller Stand: Forschungsarbeit zur freien Publikation. Projektierter Bearbeitungszeitraum: 2015-2023 (Langzeitprojekt).

 

Kurzbezeichnung: ZWIE 19
Geschichte der Entwicklung der nichtärztlichen Therapieformen in der südwestdeutschen Krankenhauspsychiatrie nach 1945
Hintergrund: Die Psychiatrie-Enquête im Jahr 1975 wurde in der zeithistorischen Forschung über Jahre hinweg als Zäsur wahrgenommen, während die Jahre zuvor oftmals auf die vermeintliche Erfolgsgeschichte der Psychopharmaka reduziert wurden. Reformansätze und über Jahre bereits angewandte alternative Behandlungs- und Therapiekonzepte, die teilweise auch durch den vorherigen oder parallelen Einsatz von Psychopharmaka unterstützt wurden, sind in der Forschung bislang nur wenig beachtet. Gegenstand dieses Forschungsprojekts sind die nichtärztlichen Therapieformen. Im Zentrum steht zunächst die Sport- und Bewegungstherapie, wie sie sich nach 1945 in den psychiatrischen Landeskrankenhäusern Württembergs entwickelte. Auch andere nichtärztliche Therapieformen wie Musik-, Kunst- und Ergotherapie werden im weiteren Verlauf des Projekts berücksichtigt. Im Fokus des Interesses stehen dabei die Professionalisierungs- und Berufsbildungsprozesse in den einzelnen Therapien sowie deren Bedeutung im Behandlungsprozess vor dem Hintergrund einer sich verändernden psychiatrischen Versorgung. Um sich dem komplexen Gegenstand anzunähern, werden Ansätze der sogenannten Histoire croisée verwandt, indem lokale, regionale, nationale, transnationale und biografische Ebenen vor dem Hintergrund eines (Werte-)Wandels in Gesellschaft und Politik, aber auch in der Medizin und der Psychiatrie der Nachkriegszeit, miteinander verflochten werden.
Bearbeitung: Dr. Bernd Reichelt, Prof. Dr. Thomas Müller, M.A..
Aktueller Stand: Vorträge, Publikationen. Projektierter Bearbeitungszeitraum: 2013–2023.

 

Kurzbezeichnung: BERL 3
Die Psychoanalyse in der bundesdeutschen Tagespresse (19451995)
Als die Psychoanalyse um 1900 von dem Wiener Arzt Sigmund Freud zuerst beschrieben wurde, stieß sie zunächst auf erheblichen Widerstand in der Fachwelt und der Öffentlichkeit, was in ihren sexuellen Inhalten, den positivistischen Grundlagen der Medizin und der Tatsache, dass Freud Jude war, begründet war. Freud beschrieb diese Tatsache 1905 in seiner „Selbstdarstellung“. Diese überwiegend ablehnende oder ignorierende Haltung änderte sich zwar bald und die Psychoanalyse fand schnell eine große und begeisterte Anhängerschaft, doch auch trotz ihrer späteren weltweiten Etablierung blieb sie umstritten und oft heftigen Angriffen ausgesetzt, so dass sich vor allem innerhalb der psychoanalytischen Fachgesellschaften die Ansicht hielt, die Psychoanalyse würde bis zum heutigen Tage entweder totgeschwiegen oder überwiegend negativ rezensiert. Die ursprüngliche Idee der Arbeit war es, diesen von Freud nie revidierten und von seinen Anhängern fortgeführten Eindruck aufgreifend, die Urteile, bzw. Vorurteile über die Psychoanalyse in der öffentlichen Meinung darzustellen und zu untersuchen. Beim Literaturstudium der Fachpresse sowie einiger Tageszeitungen zeigte sich rasch, dass diese Urteile sehr stark einem zeitlichen Wandel unterworfen waren. Die aus der Auswertung des Materials sich ableitende Hauptthese der Arbeit, dass die Psychoanalyse quasi zu allen Zeiten eine sehr große und zustimmende Rezeption erfahren hat und weiterhin erfährt, gilt es statistisch und qualitativ zu belegen. Der breiten Rezeption der Psychoanalyse entsprechend, die sich keinesfalls auf die Fachpresse beschränkt, wurden vier große bundesdeutsche Tageszeitungen als Quellen unterschiedlichen politischen Hintergrundes ausgewählt: mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung als rechtskonservativem Blatt über die Süddeutsche Zeitung und die Frankfurter Rundschau als liberale, bürgerliche Blätter bis hin zur tageszeitung, das linkpolitische Spektrum einbeziehend. Insgesamt umfasst das Material 1.087 Artikel aus den vier ausgewählten Tageszeitungen, beigetragen von 363 verschiedenen Autor(inn)en. Dieses Projekt stellt in der BRD eine neue Form der Psychoanalyseforschung dar. Eine in gewisser Weise komplementäre Arbeit wurde 1999 in Österreich von Tichy und Zwettler-Otte vorgelegt, in der die Rezeption der Psychoanalyse in der österreichischen Presse (1895–1938) zu Freuds Lebzeiten untersucht wurde. In ihren Ergebnissen zeichnet sich schon für die damalige Zeit eine breite Wirkung der Psychoanalyse in Österreich ab, wie dies auch die bisher vorliegenden Auswertungen für das Nachkriegs-Deutschland andeuten.
Bearbeiterin: Ricken, Désirée; Betreuer: Prof. Dr. Thomas Müller (Universität Ulm, ZfP Südwürttemberg/Charité Berlin).
Aktueller Stand: Promotionsprojekt, zurzeit für die Einreichung vorbereitet. Projektiertes Ende des Bearbeitungszeitraums: 2023.

 

Kurzbezeichnung: BERL 5
„Life is not easy, but somehow I am holding my own“. Leben und Werk des Psychoanalytikers Eric David Wittkower (18991983)
Die Arbeit widmet sich dem Arzt und Psychotherapeuten Eric D. Wittkower. Ziel der Arbeit ist die zeitliche und inhaltliche Einteilung seines Werkes sowie deren Einordnung in die Biographie des Autors und in die historischen, kulturellen und sozialen Umstände. Besonderes Interesse gilt den wesentlichen Lebens- und Arbeitsstationen des Autors: Berlin – London – Montreal. Wittkower gilt sowohl als Vertreter der „Integrierten Medizin“ im Berlin der 1920er Jahre, als interdisziplinärer Pionier im Bereich der psychophysiologischen, psychosomatischen und psychiatrischen Medizin als auch als Begründer zahlreicher Institutionen und Gesellschaften und einer neuen Disziplin: der „Transkulturellen Psychiatrie“ an der McGill-Universtität in Montreal, Kanada. Er ist trotz dieses Beitrags für die verschiedenen Bereiche der Medizin hierzulande in Vergessenheit geraten. Diese Arbeit soll seinem Beitrag zur medizinischen Wissenschaft Tribut zollen.
Bearbeiterin: Hennig, Christina; Betreuer: Prof. Dr. Thomas Müller (Universität Ulm, ZfP Südwürttemberg/Charité Berlin) zusammen mit Prof. Dr. Dr. G. Danzer (Charité Berlin).
Aktueller Stand: Projektiertes Ende des Bearbeitungszeitraums: 2023.


Forschungsprojekte zur Ethik in der Medizin

 


ARCHIV

 

Kurzbezeichnung: ZWIE 9
Die Welt er-fahren. Die wissenschaftlichen Reisen südwürttembergischer Psychiater des 19. Jahrhunderts und der Wissenstransfer in der Psychiatrie

Eine wissenschaftliche Reise vor Stellenantritt eines Ärztliche Direktorats und zum Zweck des Erwerbs wissenschaftlicher Expertise und Kenntnisnahme der je aktuellsten Formen von Diagnostik, Therapie und Versorgung war im 19. Jahrhundert über weite Strecken gängige, und von zuständigen Ministerien finanzierte Praxis. In diesem Projekt werden solche Dienstreisen württembergischer Anstaltsärzte ausgewertet. Neben der Vermittlung wissenschaftlich-medizinischen, administrativen oder pflegerischen Know-how, wird der Darstellung der späteren Dienst-Orte der untersuchten Personen und ihrer Reisen besondere Aufmerksamkeit entgegengebracht.
Im Rahmen dieser Arbeit wird insbesondere der „Wissens-Import“ nach Württemberg bzw. der Wissens-Export aus Württemberg vermittels wissenschaftlicher Reisen psychiatrischer Experten untersucht. Auswertung von Primärquellen der regionalen Archive des ZfP Südwürttemberg sowie des zuständigen Staatsarchivs (Sigmaringen).
Bearbeitung: Benjamin Siemens.
Kooperative Betreuung: Prof. Dr. Thomas Müller (Erstbetreuung), Dr. Uta Kanis-Seyfried.
Aktueller Stand: Akademische Qualifikationsarbeit (ruht zurzeit).

 

Kurzbezeichnung: BERL 1
Biographisches Lexikon der Psychoanalyse. Ein biographisches Nachschlagewerk von der Gründung der Berliner Psychoanalytischen Vereinigung 1908 bis zur Auflösung der Deutschen Psychoanalytischen Gesellschaft 1938
In diesem Forschungsprojekt soll ein enzyklopädisch-biographisches Lexikon wesentlicher deutscher Vertreter der Psychoanalyse vor 1933 entstehen. Darin soll neben den inhärenten quantitativen auch zu qualitativen Forschungsfragen Stellung bezogen und anhand der einzelnen Biographien das Verhältnis zwischen der ältesten psychodynamischen Psychotherapie-Form und der „Schulmedizin“ im Untersuchungszeitraums untersucht werden. Thematisiert wird u.a. die von Freud selbst immer wieder aufgeworfene Frage nach einer von der Schulmedizin isolierten und vermeintlich an den Rand gedrängten Psychoanalyse. Mit der Psychoanalyse in Verbindung stehende Personen und ihre Lehren waren bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts sehr viel nachhaltiger in die Medizin integriert, als gemeinhin angenommen wird.
Kooperationspartner: Hermanns, Ludger M., Archiv zur Geschichte der Psychoanalyse Koblenz/DPV/Berliner Forum für die Geschichte der Psychoanalyse, Berlin; Dr. Lockot, Regine, Berliner Forum für die Geschichte der Psychoanalyse, Berlin.
Projektierter Bearbeitungszeitraum: zur Zeit ausgesetzt.

 

Kurzbezeichnung: MUSE 40
Schloss Dellmensingen 1942. Ein jüdisches Zwangsaltenheim in Württemberg. Mit regionalen Bezügen zu Zwiefalten und Tigerfeld – im Kulturzentrum Villa Lindenhof, Blaustein
Die vom Forschungsbereich Geschichte und Ethik in der Medizin erweiterte Wanderausstellung und erstmals in Zwiefalten gezeigte Wanderausstellung des Museums zur Geschichte von Christen und Juden in Laupheim wurde in seiner Gesamtheit an einem weiteren Standort gezeigt. Für rund sechs Monate war die Ausstellung im Kulturzentrum Villa Lindenhof in Blaustein bei Ulm zu sehen.
Im Zuge der Verfolgung und Vernichtung des europäischen Judentums durch das nationalsozialistische Deutschland entstanden auch in Württemberg seit Herbst 1941 eine Reihe jüdischer Zwangsaltenheime. Zwei dieser Einrichtungen waren zum einen in Schloss Dellmensingen, zwischen Laupheim und Ulm, sowie im ehemaligen Armenhaus in Tigerfeld, nahe Zwiefalten eingerichtet worden. Im Frühjahr 1942 wurden nach Dellmensingen 130, nach Tigerfeld mindestens 47 zumeist ältere, jüdische Württemberger*innen zwangsweise umgesiedelt. Im August 1942 wurden die Zwangsaltenheime endgültig geschlossen und die verbliebenen Insassen in das Konzentrationslager Theresienstadt deportiert. Nur vier Personen aus Dellmensingen und zwei Personen aus Tigerfeld überlebten die Shoah. Sowohl institutionell wie auch biografisch gibt es Verbindungen zur damaligen Heilanstalt Zwiefalten, welche 1939 seitens des Stuttgarter Innenministeriums zur Sammelstelle für jüdische Patienten und Patientinnen der psychiatrischen Anstalten Württembergs erklärt worden war. Sowohl das Schicksal der jüdischen Patientinnen und Patienten als auch die Geschichte des jüdischen Zwangsaltenheims in Tigerfeld sind inhaltliche Erweiterungen der Ausstellung aus Laupheim, für die der Forschungsbereich Geschichte und Ethik in der Medizin des ZfP Südwürttemberg / Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie I der Universität Ulm verantwortlich zeichnet.
Verantwortlich für die Ausstellung: Dr. Bernd Reichelt, Prof. Dr. Thomas Müller
Ausstellungsdauer Blaustein: 1. Mai 2022 – 16. Oktober 2022.

 

Kurzbezeichnung: MUSE 38
DZOK-Ausstellung: „Man wird ja wohl noch sagen dürfen“. Zum Umgang mit demokratiefeindlicher und menschenverachtender Sprache
Die Präsentation der Wanderausstellung des Dokumentationszentrums Oberer Kuhberg Ulm (DZOK) an den unterschiedlichen Standorten des ZfP Südwürttemberg ist Ergebnis der Kooperation der Historischen Forschung mit dem DZOK Ulm, die nach der Weissenauer Tagung der NS- Forschungs-, Gedenk- und Bildungsorte in Oberschwaben im Oktober 2018 initiiert wurde. Zum Inhalt: Menschen verbal zu attackieren und die Demokratie anzugreifen, gehörte zum Wesen des Nationalsozialismus. „Lügenpresse“ war beispielsweise im nationalsozialistischen Sprachgebrauch ein Kampfbegriff, der heute wieder Verwendung findet: in sozialen Medien, im Alltag und in der Politik rechtspopulistischer und rechtsextremer Parteien. Die Ausstellung „Man wird ja wohl noch sagen dürfen…“ stellt demokratiefeindliche und menschenverachtende Begriffe von damals und heute vor; außerdem eigentlich neutrale Begriffe, die als Waffe benützt werden können. Die Ausstellung fragt: Was bedeuten diese Wörter? Wie wurden sie früher und wie werden sie heute verwendet?
Ausstellungsdauer in der Schussental-Klinik, Aulendorf: 14.10.–25.11.2022.
Vernissage: wird noch bekannt gegeben!
Verantwortlich für die Ausstellung: Dr. Bernd Reichelt, Prof. Dr. Thomas Müller. Für die Schussental-Klinik in Aulendorf: Kerstin von der Heiden.

 

Kurzbezeichnung: MUSE 36
„Künstler-Patient*innen“ aus Württemberg und Baden. (Aus-)Wege und (Selbst-)Verwirklichung
Die Wechselausstellung des Württembergischen Psychiatriemuseums stellt die Erweiterung einer Ausstellung des Württembergischen Psychiatriemuseums am Standort Weissenau (MUSE 25) dar. Es werden Menschen porträtiert, die auf ihre individuelle Art und Weise die Kunst auf verschiedenen Gebieten bereichert haben. Da die konservatorischen Anforderungen an die Werke dieser Künstler*innen, die sich in Sammlungen befinden, es heute nicht mehr zulassen, die Originale erneut an den Orten auszustellen, an denen sie entstanden sind, soll diese Wanderausstellung diese empfundene Kluft helfen, zu überbrücken. Allen Künstler*innen gemeinsam ist, dass sie psychische Erkrankungen erfahren haben. Neben den künstlerisch tätigen Patienten Friedrich Pöhler, Gustav Mesmer und August Natterer stellt die erweiterte Ausstellung Patient*innen aus weiteren psychiatrischen Einrichtungen aus Württemberg und Baden vor: Else Blankenhorn (Reichenau), Albert Speck (Zwiefalten) und Helene Maisch (Illenau). Die Ausstellung präsentiert die Biografien der Künstler*innen und zeigt die persönlichkeits- und künstlerisch bedingten Unterschiede zwischen diesen Menschen, sowie auch deren Gemeinsamkeiten, die vor allem auf Erfahrungen mit der zeitgenössischen Psychiatrie zurück zu führen sind. Die Ausstellungsinhalte zu den Patient*innen Else Blankenhorn und Helene Maisch wurden in Kooperation mit Winfried Klimm (Reichenau) sowie bezüglich Helene Maisch mit Hanna Sauer (Freiburg) und Winfried Hoggenmüller (Achern) erstellt.
Ausstellungsdauer im ZfP Reichenau (Haus 1): 31.03.2022—26.08.2022.
Verantwortlich für die Ausstellung: Prof. Dr. Thomas Müller, Dr. Uta Kanis-Seyfried, Dr. Bernd Reichelt

 

Kurzbezeichnung: MUSE 35
DZOK-Ausstellung: „Man wird ja wohl noch sagen dürfen“. Zum Umgang mit demokratiefeindlicher und menschenverachtender Sprache
Die Präsentation der Wanderausstellung des Dokumentationszentrums Oberer Kuhberg Ulm (DZOK) an den unterschiedlichen Standorten des ZfP Südwürttemberg ist Ergebnis der Kooperation der Historischen Forschung mit dem DZOK Ulm, die nach der Weissenauer Tagung der NS- Forschungs-, Gedenk- und Bildungsorte in Oberschwaben im Oktober 2018 initiiert wurde. Zum Inhalt: Menschen verbal zu attackieren und die Demokratie anzugreifen, gehörte zum Wesen des Nationalsozialismus. „Lügenpresse“ war beispielsweise im nationalsozialistischen Sprachgebrauch ein Kampfbegriff, der heute wieder Verwendung findet: in sozialen Medien, im Alltag und in der Politik rechtspopulistischer und rechtsextremer Parteien. Die Ausstellung „Man wird ja wohl noch sagen dürfen…“ stellt demokratiefeindliche und menschenverachtende Begriffe von damals und heute vor; außerdem eigentlich neutrale Begriffe, die als Waffe benützt werden können. Die Ausstellung fragt: Was bedeuten diese Wörter? Wie wurden sie früher und wie werden sie heute verwendet?
Ausstellungsdauer im pp.RT Reutlingen: 25.04.2022 (Aufbau) bis 16.5.2022.
Vernissage: wird noch bekannt gegeben!
Verantwortlich für die Ausstellung: Dr. Bernd Reichelt, Prof. Dr. Thomas Müller. Für das pp.RT in Reutlingen: Dr. Frank Schwärzler.

 

Kurzbezeichnung: MUSE 34
DZOK-Ausstellung: „Man wird ja wohl noch sagen dürfen“. Zum Umgang mit demokratiefeindlicher und menschenverachtender Sprache
Die Präsentation der Wanderausstellung des Dokumentationszentrums Oberer Kuhberg Ulm (DZOK) an den unterschiedlichen Standorten des ZfP Südwürttemberg ist Ergebnis der Kooperation der Historischen Forschung mit dem DZOK Ulm, die nach der Weissenauer Tagung der NS- Forschungs-, Gedenk- und Bildungsorte in Oberschwaben im Oktober 2018 initiiert wurde. Zum Inhalt: Menschen verbal zu attackieren und die Demokratie anzugreifen, gehörte zum Wesen des Nationalsozialismus. „Lügenpresse“ war beispielsweise im nationalsozialistischen Sprachgebrauch ein Kampfbegriff, der heute wieder Verwendung findet: in sozialen Medien, im Alltag und in der Politik rechtspopulistischer und rechtsextremer Parteien. Die Ausstellung „Man wird ja wohl noch sagen dürfen…“ stellt demokratiefeindliche und menschenverachtende Begriffe von damals und heute vor; außerdem eigentlich neutrale Begriffe, die als Waffe benützt werden können. Die Ausstellung fragt: Was bedeuten diese Wörter? Wie wurden sie früher und wie werden sie heute verwendet?
Ausstellungsdauer im ZfP Südwürttemberg-Bad Schussenried: 11.03.—21.04.2022.
Verantwortlich für die Ausstellung: Dr. Bernd Reichelt, Prof. Dr. Thomas Müller.

 

Kurzbezeichnung: MUSE 33
Schloss Dellmensingen 1942. Ein jüdisches Zwangsaltenheim in Württemberg. Mit regionalen Bezügen zu Zwiefalten und Tigerfeld
Die Präsentation der erweiterten Wanderausstellung ist das erste Ergebnis einer Kooperation des Forschungsbereichs Geschichte und Ethik in der Medizin mit dem Museum zur Geschichte von Christen und Juden in Laupheim.
Inhalt: Im Zuge der Verfolgung und Vernichtung des europäischen Judentums durch das nationalsozialistische Deutschland entstanden auch in Württemberg seit Herbst 1941 eine Reihe jüdischer Zwangsaltenheime. Zwei dieser Einrichtungen waren zum einen in Schloss Dellmensingen, zwischen Laupheim und Ulm, sowie im ehemaligen Armenhaus in Tigerfeld, nahe Zwiefalten eingerichtet worden. Im Frühjahr 1942 wurden nach Dellmensingen 130, nach Tigerfeld mindestens 47 zumeist ältere, jüdische Württemberger*innen zwangsweise umgesiedelt. Im August 1942 wurden die Zwangsaltenheime endgültig geschlossen und die verbliebenen Insassen in das Konzentrationslager Theresienstadt deportiert. Nur vier Personen aus Dellmensingen und zwei Personen aus Tigerfeld überlebten die Shoah. Sowohl institutionell wie auch biografisch gibt es Verbindungen zur damaligen Heilanstalt Zwiefalten, welche 1939 seitens des Stuttgarter Innenministeriums zur Sammelstelle für jüdische Patienten und Patientinnen der psychiatrischen Anstalten Württembergs erklärt worden war. Sowohl das Schicksal der jüdischen Patientinnen und Patienten als auch die Geschichte des jüdischen Zwangsaltenheims in Tigerfeld sind inhaltliche Erweiterungen der Ausstellung aus Laupheim, für die der Forschungsbereich Geschichte und Ethik in der Medizin des ZfP Südwürttemberg / Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie I der Universität Ulm verantwortlich zeichnet.
Ausstellungsdauer im ZfP Südwürttemberg-Bad Schussenried: 22.11.2021—31.01.2022. Verlängerung der Ausstellung bis zum 01.03.2022.
Pandemiebedingt findet keine Vernissage statt.
Verantwortlich für die Ausstellung: Dr. Bernd Reichelt, Prof. Dr. Thomas Müller.

 

Kurzbezeichnung: MUSE 32
„Künstler-Patient*innen“ aus Württemberg und Baden — (Aus-)Wege und (Selbst-)Verwirklichung
Die Wechselausstellung des Württembergischen Psychiatriemuseums stellt die Erweiterung einer Ausstellung des Württembergischen Psychiatriemuseums am Standort Weissenau (MUSE 25) dar. Es werden Menschen porträtiert, die auf ihre individuelle Art und Weise die Kunst auf verschiedenen Gebieten bereichert haben. Da die konservatorischen Anforderungen an die Werke dieser Künstler*innen, die sich in Sammlungen befinden, es heute nicht mehr zulassen, die Originale erneut an den Orten auszustellen, an denen sie entstanden sind, soll diese Wanderausstellung diese empfundene Kluft helfen, zu überbrücken.
Allen Künstler*innen gemeinsam ist, dass sie psychische Erkrankungen erfahren haben. Neben den künstlerisch tätigen Patienten Friedrich Pöhler, Gustav Mesmer und August Natterer stellt die erweiterte Ausstellung Patient*innen aus weiteren psychiatrischen Einrichtungen aus Württemberg und Baden vor: Else Blankenhorn (Reichenau), Albert Speck (Zwiefalten) und Helene Maisch (Illenau). Die Ausstellung präsentiert die Biografien der Künstler*innen und zeigt die persönlichkeits- und künstlerisch bedingten Unterschiede zwischen diesen Menschen, sowie auch deren Gemeinsamkeiten, die vor allem auf Erfahrungen mit der zeitgenössischen Psychiatrie zurück zu führen sind. Die Ausstellungsinhalte zu den Patient*innen Else Blankenhorn und Helene Maisch wurden in Kooperation mit Winfried Klimm (Reichenau) sowie bezüglich Helene Maisch mit Hanna Sauer (Freiburg) und Winfried Hoggenmüller (Achern) erstellt.
Verantwortlich für die Ausstellung: Prof. Dr. Thomas Müller, Dr. Uta Kanis-Seyfried, Dr. Bernd Reichelt
Ausstellungsdauer im Psychiatriemuseum Emmendingen: 22. September 2021—31. Januar 2022.

 

Kurzbezeichnung: MUSE 31
Schloss Dellmensingen 1942. Ein jüdisches Zwangsaltenheim in Württemberg. Mit regionalen Bezügen zu Zwiefalten und Tigerfeld
Die Präsentation der erweiterten Wanderausstellung am Standort Zwiefalten ist das erste Ergebnis einer Kooperation des Forschungsbereichs Geschichte und Ethik in der Medizin mit dem Museum zur Geschichte von Christen und Juden in Laupheim.
Inhalt: Im Zuge der Verfolgung und Vernichtung des europäischen Judentums durch das nationalsozialistische Deutschland entstanden auch in Württemberg seit Herbst 1941 eine Reihe jüdischer Zwangsaltenheime. Zwei dieser Einrichtungen waren zum einen in Schloss Dellmensingen, zwischen Laupheim und Ulm, sowie im ehemaligen Armenhaus in Tigerfeld, nahe Zwiefalten eingerichtet worden. Im Frühjahr 1942 wurden nach Dellmensingen 130, nach Tigerfeld mindestens 47 zumeist ältere, jüdische Württemberger*innen zwangsweise umgesiedelt. Im August 1942 wurden die Zwangsaltenheime endgültig geschlossen und die verbliebenen Insassen in das Konzentrationslager Theresienstadt deportiert. Nur vier Personen aus Dellmensingen und zwei Personen aus Tigerfeld überlebten die Shoah. Sowohl institutionell wie auch biografisch gibt es Verbindungen zur damaligen Heilanstalt Zwiefalten, welche 1939 seitens des Stuttgarter Innenministeriums zur Sammelstelle für jüdische Patienten und Patientinnen der psychiatrischen Anstalten Württembergs erklärt worden war. Sowohl das Schicksal der jüdischen Patientinnen und Patienten als auch die Geschichte des jüdischen Zwangsaltenheims in Tigerfeld sind inhaltliche Erweiterungen der Ausstellung aus Laupheim, für die der Forschungsbereich Geschichte und Ethik in der Medizin des ZfP Südwürttemberg / Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie I der Universität Ulm verantwortlich zeichnet.
Verantwortlich für die Ausstellung: Dr. Bernd Reichelt, Prof. Dr. Thomas Müller
Ausstellungsdauer Zwiefalten: 1. Juni 2021—30. September 2021.

 

Kurzbezeichnung: MUSE 30
Zum Umgang mit demokratiefeindlicher und menschenverachtender Sprache
„MAN WIRD JA WOHL NOCH SAGEN DÜRFEN“

Die Präsentation der Wanderausstellung des Dokumentationszentrums Oberer Kuhberg Ulm (DZOK) an den unterschiedlichen Standorten des ZfP Südwürttemberg ist Ergebnis der Kooperation der Historischen Forschung mit dem DZOK Ulm, die nach der Weissenauer Tagung der NS- Forschungs-, Gedenk- und Bildungsorte in Oberschwaben im Oktober 2018, neben anderen Maßnahmen und Aktivitäten, initiiert wurde.
Menschen verbal zu attackieren und die Demokratie anzugreifen, gehörte zum Wesen des Nationalsozialismus. „Lügenpresse“ war beispielsweise im nationalsozialistischen Sprachgebrauch ein Kampfbegriff, der heute wieder Verwendung findet: in sozialen Medien, im Alltag und in der Politik rechtspopulistischer und rechtsextremer Parteien. Die Ausstellung „Man wird ja wohl noch sagen dürfen…“ stellt demokratiefeindliche und menschenverachtende Begriffe von damals und heute vor; außerdem eigentlich neutrale Begriffe, die als Waffe benützt werden können. Die Ausstellung fragt: Was bedeuten diese Wörter? Wie wurden sie früher und wie werden sie heute verwendet?
Verantwortlich für die Ausstellung: Dr. Bernd Reichelt, Prof. Dr. Thomas Müller
Ausstellungsdauer Zwiefalten: 11. Januar 2021—28. Februar 2021.

 

Kurzbezeichnung: MUSE 29
„Künstler-Patient*innen“ aus Württemberg und Baden — (Aus-)Wege und (Selbst-)Verwirklichung
Die Wechselausstellung des Württembergischen Psychiatriemuseums stellt die Erweiterung einer Ausstellung aus Weissenau (MUSE 25) dar. Es werden Menschen porträtiert, die auf ihre individuelle Art und Weise die Kunst auf verschiedenen Gebieten bereichert haben. Da die konservatorischen Anforderungen an diese Werke es heute nicht mehr zulassen, die Originale erneut an diesen Orten auszustellen, soll die Wanderausstellung die empfundene Kluft überbrücken.
Allen Künstler*innen gemeinsam ist, dass sie psychische Erkrankungen erfahren haben. Neben den künstlerisch tätigen Patienten Friedrich Pöhler, Gustav Mesmer und August Natterer stellt die erweiterte Ausstellung Patient*innen aus weiteren psychiatrischen Einrichtungen aus Württemberg und Baden vor: Else Blankenhorn (Reichenau), Albert Speck (Zwiefalten) und Helene Maisch (Illenau). Die Ausstellung präsentiert die Biografien der Künstler*innen und zeigt die persönlichkeits- und künstlerisch bedingten Unterschiede zwischen diesen Menschen, sowie auch deren Gemeinsamkeiten, die vor allem auf Erfahrungen mit der zeitgenössischen Psychiatrie zurück zu führen sind. Die Ausstellungsinhalte zu den Patient*innen Else Blankenhorn und Helene Maisch wurden in Kooperation mit Winfried Klimm (Reichenau) sowie mit Hanna Sauer (Freiburg) und Winfried Hoggenmüller (Achern) erstellt.
Verantwortlich für die Ausstellung: Prof. Dr. Thomas Müller, Dr. Uta Kanis-Seyfried, Dr. Bernd Reichelt
Ausstellungsdauer Zwiefalten: 21. September 2020—6. Januar 2021.

 

Kurzbezeichnung: MUSE 28
„Verortungen der Seele“
In der Ausstellung „Verortungen der Seele“, die im Württembergischen Psychiatriemuseum in Zwiefalten gezeigt wird, präsentieren sich 18 museale Initiativen der öffentlichen Auseinandersetzung und Vermittlung von Psychiatrie im historischen und gesellschaftlichen Kontext. Es beteiligen sich Psychiatriemuseen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz. Anhand von Texten, Fotografien und – in der Regel erwünscht reduktionistisch: einem – ausgewählten Exponat widmen sie sich Krankheitsbildern, Behandlungsmethoden und der Diagnostik sowie besonderen Persönlichkeiten und geschichtlichen Epochen. Von Bedeutung sind dabei ebenso die gesellschaftlichen Bedingungen, unter denen sich die regional verschiedenen psychiatrischen Einrichtungen ausgestalteten, wie auch die jeweiligen Architekturen, in denen Psychiatrie stattfindet. Initial organisiert wurde die Ausstellung vom MuSeele (Christophsbad Göppingen) sowie vom Württembergischen Psychiatriemuseum. Die Ausstellung wurde erstmals während des Jahreskongresses der DGPPN 2018 in Berlin gezeigt, und bereicherte das Programm auch mittels eines zugehörigen Symposiums, geleitet von Rolf Brüggemann und Thomas Müller.
Verantwortlich für die Ausstellung: Dipl.-Psych. Rolf Brüggemann und Prof. Dr. Thomas Müller.
Ausstellungsdauer: 10.10.2019—28.02.2020.
Vernissage am Mittwoch, 23. Oktober 2019 um 17 Uhr.

 

Kurzbezeichnung: MUSE 27
„Eine Begegnung mit Gustav Mesmer. Fotos von Nicole Becker“
Hintergrund: Diese Fotoausstellung des Württembergischen Psychiatriemuseums an den drei Standorten des ZfP Südwürttemberg zeigt bisher unveröffentlichte Fotografien Gustav Mesmers, aufgenommen von Nicole Becker im Jahr 1988. Sie besuchte Mesmer in seinem Altenheim in Buttenhausen, um einen „außergewöhnlichen Menschen“ zu porträtieren. Die Ausstellung wird kuratiert von dem Psychiater Dr. Wolfram Voigtländer, ehemaliger Chefarzt der Psychiatrischen Abteilung am Kreiskrankenhaus Heidenheim. Gemeinsam mit Nicole Becker entwickelte er die Ausstellung. Kuratierende Leitung am Württembergischen Psychiatriemuseum: Thomas Müller und Bernd Reichelt. Die Fotoausstellung wird an den drei Standorten des ZfP Südwürttemberg in Weissenau, Bad Schussenried und Zwiefalten gezeigt.
Aktueller Stand: Ausstellungszeiträume: Ravensburg-Weissenau 28.6.—31.8.2018 | Bad Schussenried 6.9.—4.11.2018 | Zwiefalten 14.2.—17.5.2019.

 

Kurzbezeichnung: ZWIE 6
Der „Hilfsverein für Nerven- und Gemütskranke in Baden-Württemberg“
Bürgerschaftliches Engagement und gesellschaftliche Reintegration psychisch Kranker in historischer Perspektive
Sylvia Luigart, Thomas Müller, Uta Kanis-Seyfried, Gerhard Längle
Hintergrund:
Die sogenannte Anstaltspsychiatrie des späten 19. Jahrhunderts wies bereits strukturelle Bestandteile auf, die diesen Begriff relativieren. Neben außerklinischen Versorgungsformen, wie der psychiatrischen Familienpflege oder der nach französischem Vorbild an vielen Orten etablierten agrikolen Kolonie, weist die Existenz sogenannter Hilfsvereine in vielen Teilen des Deutschen Reiches darauf hin, dass auch erste Ansätze nachstationärer Behandlung und Fürsorge entwickelt worden waren. Agenten der Vermittlung dieser Art Unterstützung waren sogenannte Hilfsvereine. Forschungsfragestellung: Diese Annäherung würde über die institutionsinternen Quellenbestände hinaus vor allem auf historische Quellen jenseits der „walls of the asylum“ (Bartlett and Wright) zurückgreifen und damit Familiennetze und Verbindungen zwischen Angehörigen psychisch Kranker einbeziehen, die geeignet sind, die Arbeit der Hilfsvereine am Beispiel Südwürttembergs zu untersuchen.
Methode:
Zeitgenössische journalistische Beiträge und literarische Quellen ergänzen das vorhandene und reichhaltige Sample an Primärquellen. Im Erkenntnisinteresse steht die Sicht auf die Anstalt von „außen“ seitens medizinischer Laien. Der Rechtsnachfolger des „Hilfsvereins“, der „Baden-Württembergische Hilfsverein für seelische Gesundheit“, ist mit der das beschriebene Projekt betreuenden Einrichtung in Kooperation verbunden.
Aktueller Stand: Akademische Qualifikationsarbeit. Dissertation zurzeit im Promotionsverfahren: 2021.

 

Kurzbezeichnung: WEIS 11
Kooperation mit dem Landesarchiv Baden-Württemberg (2017-2022) („Projekt Heimerziehung“ (2012-2018) und „Dokumentationsprojekt Zwangsunterbringung“ [2019-2022])
Seit 2006 wird in der deutschen Öffentlichkeit die Diskussion um traumatisierende Erfahrungen von Heimkindern nach 1945 politisch thematisiert, u. a. im Deutschen Bundestag und im Landtag von Baden-Württemberg. Als Folge davon entstanden seitdem im Landesarchiv Baden-Württemberg drei Projekte. Eins davon – „Projekt Heimerziehung“, gefördert vom baden-württembergischen Sozialministerium, – widmete sich von 2012 bis 2018 der historischen Aufarbeitung der Heimerziehung zwischen 1949 und 1975 in Baden-Württemberg und beinhaltete umfangreiche Archivrecherchen. In Zusammenarbeit mit der beim Kommunalverband für Jugend und Soziales eingerichteten Anlauf- und Beratungsstelle wurden über 1.800 Anfragen ehemaliger betroffener Heimkinder bearbeitet.

Die langjährige Kooperation des Forschungsbereichs Geschichte und Ethik in der Medizin des ZfP Südwürttemberg / Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie I der Universität Ulm mit dem Landesarchiv Baden-Württemberg zu diesem Thema erfolgte auf mehreren Ebenen.
 
Vom 10. August bis zum 18. Oktober 2017 wurde die vom Landesarchiv Baden-Württemberg zusammen mit dem Beirat der Anlauf- und Beratungsstelle Heimerziehung konzipierte Wanderausstellung „Verwahrlost und gefährdet? Heimerziehung in Baden-Württemberg 1949-1975“ am Standort des ZfP Südwürttemberg in Ravensburg-Weissenau gezeigt (die Ausstellung wurde vom Württembergischen Psychiatriemuseum am ZfP Südwürttemberg präsentiert; Kooperationspartner war das Institut für Soziale Berufe Ravensburg [IFSB]). Zentrale Aspekte der Ausstellung waren das System der Heimerziehung, die Rolle der Jugendämter beim Prozess der Heimeinweisung und die Lebenswelten der Institutionen selbst. Darüber hinaus gab die Ausstellung Einblicke in den Alltag vieler Kinderheime der BRD zwischen 1949 und 1975, als auch in die Gefühlswelten ihrer Bewohnerinnen und Bewohner, den ehemaligen, sogenannten Heimkindern.

Im Oktober 2018 bzw. im März 2020 berichteten die am Projekt mitarbeitenden Historikerinnen Nastasja Pilz und Nora Wohlfarth im Rahmen der 1. bzw. 2. Historischen Fachtagung „Historisches Wissen und Bildungsauftrag am Beispiel des Nationalsozialismus“ (organisiert u. a. vom Forschungsbereich des ZfP Südwürttemberg-Weissenau), wie strukturelle, personelle und pädagogische Kontinuitäten ein Überleben des „Geistes“ des Nationalsozialismus in segregierten Bereichen der Kinder- und Jugendfürsorge über drei Jahrzehnte hinweg ermöglicht haben. Darüber hinaus wurden bei den Tagungen Schritte präsentiert, die zur Etablierung themenbezogener archivalischer Kompetenz- oder Beratungszentren führen könnten. Ferner wurde der Ansatz der Einführung von „Fristarchivgut“ vorgestellt, um personenbezogene Unterlagen länger aufbewahren zu dürfen – eine bisher wenig beachtete, auch demokratiesichernde Funktion der Institution Archiv.

Im Jahre 2019 startete das bis April 2022 ausgelegte Nachfolgeprojekt „Dokumentationsprojekt Zwangsunterbringung“. In diesem Zeitraum recherchierte das Landesarchiv Baden-Württemberg über Menschen, die in ihrer Kindheit zwischen 1949 und 1975 in Heimen der Behindertenhilfe und in Psychiatrien untergebracht waren. Viele von ihnen haben dort leidvolle und traumatisierende Erfahrungen gemacht. Das Projektteam unterstützte knapp 190 Betroffene, die Nachweise oder Akten über ihre Unterbringung suchten. In enger Zusammenarbeit mit der Anlaufstelle der „Stiftung Anerkennung und Hilfe“ hat das Projekt die regionale Aufarbeitung vorangebracht und die gewonnenen Erkenntnisse der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt. Da einige Betroffene u. a. im Psychiatrischen Landeskrankenhaus (PLK) Weissenau zeitweise (zwangs-)untergebracht waren, erhielt auch das Team des Forschungsbereichs Anfragen seitens der ehemaligen Patient*innen bis 2022 und half ihnen bei Recherchen und Akten-/Dokumentensuche.
Verantwortlich für die Kooperation am ZfP Südwürttemberg-Weissenau: Prof. Dr. Thomas Müller, Dr. Bernd Reichelt, Dr. Uta Kanis-Seyfried

 

Kurzbezeichnung: ZWIE 1
Das Arzt-/Patientenverhältnis im Spiegel der Dokumentation. Was zeigen die Arztberichte aus 200 Jahren über die Beziehung zwischen den Klinikpatienten und ihren Ärzten?
Untersucht wird das Arzt-/Patientenverhältnis, wie es sich in der Dokumentation widerspiegelt. Zu Grunde gelegt wird eine Zufallsstichprobe von je zehn Patienten pro Jahrzehnt, ausgehend vom Eröffnungsjahr 1812 bis zum Jahr 1982. Neben Hintergrundvariablen wie dem Zahlenverhältnis behandelnder Ärzte zu behandelten Patienten, Liegedauer usw. werden die Art der Dokumentation, die Wortwahl, die emotionale Beteiligung, der Vertrautheitsgrad usw. erfasst. Einbezogen werden neben der Verlaufsdokumentation auch Stellungnahmen an externe Kooperationspartner (Hausärzte, Ämter etc.).
Projekt: Akademische Qualifikationsarbeit: Bearbeiterin: Helena Pfleiderer. Betreuung: Prof. Dr. Gerhard Längle, Prof. Dr. Thomas Müller.
Aktueller Stand: Projektarbeit zur Zeit unterbrochen.

 

Kurzbezeichnung: ZWIE 2
Die Behandlung Suchtkranker in einer psychiatrischen Klinik von 1812 bis heute
Untersucht wird die Entwicklung der Aufnahmen mit Suchtdiagnosen. Erstes Auftreten, Entwicklung nach Häufigkeit, Liegedauer, Komorbidität, soziodemografischen Variablen sowie die Art der Behandlung wird jeweils in Bezug auf die im Zeitverlauf gültigen Diagnoseschlüssel und das jeweilige Grundverständnis von Suchterkrankungen analysiert. Als Datenbasis dienen 150 ausgewählte Akten alkoholabhängiger Patienten der Münsterklinik Zwiefalten des Zeitraumes 1812—1982.
Projekt: Akademische Qualifikationsarbeit: Bearbeiterin: Iris Klömpken. Betreuung: Prof. Dr. Gerhard Längle, Prof. Dr. Thomas Müller.
Aktueller Stand: Projektarbeit zur Zeit unterbrochen.

 

Der Abschied von der totalen Institution. Die Entwicklung der Psychiatrie in Südbaden und in der Schweiz von 1945-1996. Mit einem Schwerpunkt auf die Entwicklung des Psychiatrischen Landeskrankenhauses Reichenau ab Dezember 1949 (REIC 2)
Bearbeiter: Ralf Rosbach. Betreuer: Prof. Dr. Clemens Wischermann, Universität Konstanz; Prof. Dr. Klaus Hoffmann, ZPR Reichenau/Konstanz. Beratung: Prof. Dr. Thomas Müller.
Hintergrund: Nach grundlegenden Arbeiten zur Geschichte dieser Einrichtung (Faulstich, Hoffmann, Moser) wird in diesem Forschungsprojekt die Geschichte der Psychiatrie im heutigen Zentrum für Psychiatrie Reichenau (ZPR) bei Konstanz in der Zeit nach 1945 untersucht. Ein weiterer Forschungsgegenstand ist der Vergleich der Entwicklung psychiatrischer Versorgung in Südbaden mit derjenigen in der Schweiz nach Ende des Zweiten Weltkriegs. Hierzu steht ein breiter Fundus noch unbearbeiteter historischer Quellen zur Verfügung. Gerade im ZPR gab es problematische personelle Kontinuitäten bis weit in die 1980er Jahre, die eine historische Aufarbeitung hemmten. Im Projekt soll die Entwicklung zu einer humaneren Behandlung der psychisch Kranken im gesellschaftlichen und ökonomischen Kontext der Entwicklung der jungen Bundesrepublik Deutschland analysiert werden. Wie kam es, ausgehend von der Hypothek des NS-Vernichtungsfeldzuges gegen die psychischen Kranken und geistig Behinderten (Zwangssterilisation, „Euthanasie“, „Hungersterben“), zur Etablierung eines offenen psychiatrischen Fachkrankenhauses mit zeitgemäßen therapeutischen und rehabilitativen Möglichkeiten? Ein anderer Schwerpunkt der Arbeit stellt die Entwicklung von Medizin und Ökonomie und deren Auswirkungen auf die südbadischen Anstalten nach 1945 dar. Wie haben sich die ökonomischen Rahmenbedingungen für die Psychiatrie seit 1945 verändert? Seit den Gesundheitsreformen der 1990er Jahre haben ökonomische Denkansätze in der Medizin Einzug gehalten. Lassen sich Auswirkungen auf die Psychiatrie in Südbaden feststellen und sind ähnliche Entwicklungen in der Schweiz in diesem Zeitraum nachweisbar?
Aktueller Stand: Akademische Qualifikationsarbeit, Projekt abgeschlossen. Verteidigt als Promotionsschrift der Historischen Fakultät der Universität Konstanz.

 

Zur Geschichte der Abstinenz in der psychoanalytischen Behandlung.
Wandel in Definition und praktischer Anwendung (BERL 6)
Edith Schütz, Thomas Müller (Betreuung)
Hintergrund: In diesem Projekt wird anhand einer vergleichenden Darstellung der therapeutischen Vorgehensweisen bedeutender Psychoanalytiker-Persönlichkeiten und vor deren jeweiligem theoretischen Hintergrund die Entwicklung des Begriffs der „Abstinenz“ in der psychoanalytisch-psychotherapeutischen Behandlung untersucht.
Untersucht werden auch der wissenschaftshistorische Ursprung des Abstinenzbegriffs, die wichtigsten kontroversen Haltungen im diachronen Vergleich sowie die Veränderungen, die dieser Teilaspekt der psychoanalytischen Therapie im Verlauf seit seiner Entstehung erfahren hat. Der aktuelle Stand dieser Aspekte wird dargestellt und diskutiert, wobei weitere Schwerpunkte des Interesses zur Rolle des Abstinenzbegriffs in Bezug auf mögliche Abhängigkeit des Patienten liegen, wie auch auf der Frage, inwieweit Patienten über die psychoanalytische Behandlungsmethode einschließlich möglicher Gefahren oder schädlicher Wirkungen im Vorhinein aufgeklärt werden – im Sinne einer rechtsgültigen Aufklärung herkömmlicher Art. Ein weiteres Interesse gilt der Frage, inwieweit neue Erkenntnisse im Hinblick auf den Abstinenzbegriff die Methode möglicherweise verändert haben und wie sie dies getan haben.
Forschungsfragestellung: Die Art und Weise, wie die Abstinenz, die als Bestandteil der psychoanalytischen Methode selbst angesehen wird, im Umgang mit neurotischen, „persönlichkeitsgestörten“, psychosomatisch kranken oder psychotischen Patienten gehandhabt wurde und wird, soll hierbei einer kritischen Betrachtung unterzogen werden. Dabei wird auf unterschiedliche analytische Therapieverfahren, bspw. die Einzelbehandlung, die Gruppenbehandlung, die körperorientierten Verfahren und auf die Psychotherapie von psychotischen Patienten eingegangen
Methode: Vergleichende Textanalyse.
Aktueller Stand: Arbeit abgeschlossen, Dissertation verteidigt „magna cum laude“ Univ. Ulm 2020, Publikation in Vorbereitung.

 

 

Psychiatrische Tätigkeit zwischen Umsetzung der „Euthanasie“ und Verweigerung. Der württembergische Psychiater Maximilian Sorg und die ärztlichen Handlungsspielräume im Nationalsozialismus (WEIS 3)
Martina Fonrobert (geb. Henzi), Thomas Müller (Erstbetreuung), Uta Kanis-Seyfried, Gerhard Längle
Hintergrund: Dieses Projekt ist Teil eines Samples an Studien, die die Rolle von Ärztinnen und Ärzten in der württembergischen Psychiatrie in den Jahren des Nationalsozialismus untersucht.
Forschungsfragestellung: Im Rahmen dieser Arbeit werden mögliche Handlungsspielräume ärztlich Tätiger in von der „Euthanasie“ betroffenen Einrichtungen untersucht – hier am Beispiel der Biographie des in den ehemaligen Anstalten Weissenau, Weinsberg und Zwiefalten tätigen Arztes Maximilian Sorg, seine Haltung und Aktivitäten in den Jahren des Nationalsozialismus sowie im Zuge der Wiedergutmachungsverfahren in der jungen Bundesrepublik Deutschland.
Methode: Untersuchung und Beurteilung der Biographie von Maximilian Sorg im Sinne der Fragestellung erfolgen vor dem Hintergrund der Betrachtung der ärztlichen peer group. Auf der Grundlage der biographischen und institutionshistorischen Methodologien wird das Forschungsprojekt in seinen Ergebnissen mit den Befunden anderer Studien zur Geschichte der Medizin im Nationalsozialismus in Beziehung gesetzt.
Aktueller Stand: Akademische Qualifikationsarbeit. Dissertation abgeschlossen und verteidigt „cum laude“, Univ. Ulm 2020, Teilpublikation in Vorbereitung.

 

Leben und Werk des Ärztlichen Direktors Carl von Schaeffer (1808 - 1888) (ZWIE 5)
Veronika Holdau, Thomas Müller (Erstbetreuung), Uta Kanis-Seyfried, Gerhard Längle
Hintergrund: In weit geringerem Maße als universitär-psychiatrische Einrichtungen und sogenannte Heilanstalten, sind auch im südwestdeutschen Raum Einrichtungen untersucht, deren Struktur über lange Zeiträume am Anforderungsprofil sogenannter Pflegeanstalten ausgerichtet waren. Die hier beschriebene Studie untersucht die Einrichtung Zwiefalten, die älteste psychiatrische Einrichtung des ehemaligen Königreichs Württemberg in der Zeit des Direktorats von Carl von Schaeffer.
Forschungsfragestellung: In diesem Projekt steht einer der wesentlichen Akteure der Psychiatrie im Süden Württembergs im Mittelpunkt der Forschung. Seine Auffassung der Psychiatrie, die Charakteristika seiner psychiatrisch-therapeutischen Innovationen und seine Position in den zeitgenössischen Debatten sind weitere Aspekte dieses Projekts.
Methode: Das Genre der Biographie als historiographische Methode ist u.a. geeignet, die Rolle von Schlüsselpersonen dieses psychiatrischen Kontextes zu untersuchen. Von Schaeffer war Direktor der Heilanstalt Zwiefalten, der ersten Königlich-Württembergischen Staatsirrenanstalt und als solcher mit den Folgen der Debatte um die Frage der Trennung/Verbindung von Heilanstalten einerseits und Pflegeanstalten andererseits befasst.
Aktueller Stand: Akademische Qualifikationsarbeit. Promotionsprojekt abgeschlossen.

 

„Patienten-Arbeit“. Landwirtschaftliche und handwerkliche Arbeitsformen in der Psychiatrie zwischen therapeutischem Anspruch und ökonomischen Interessen (ZWIE 10)
Martina Schmidt (geb. Huber), Gerhard Längle, Thomas Müller, Uta Kanis-Seyfried
Hintergrund: Die Arbeit von Patientinnen und Patienten in psychiatrischen Einrichtungen scheint so alt zu sein, wie diese Einrichtungen selbst. Jegliche therapeutische Innovation, die auf ökonomische oder ökonomisierbare Arbeit zurückgriff, stand in einem Spannungsverhältnis zwischen Hilfe zur Reintegration in soziale Zusammenhänge einerseits und wirtschaftlichem Nutzen beziehungsweise der Ausbeutung kostengünstiger Arbeit für die Einrichtung andererseits.
Forschungsfragestellung: Im Rahmen dieser akademischen Qualifikationsarbeit wird die Heil- und Pflegeanstalt Zwiefalten sowie ihre verschiedenen Systeme der „Arbeit“ im Sinne einer Regional- und Mikrostudie untersucht.
Methode: Auswertung von Primärquellen der regionalen Archive des ZfP Südwürttemberg sowie des zuständigen Staatsarchivs (Sigmaringen).
Aktueller Stand: Akademische Qualifikationsarbeit. Forschungsarbeit unterbrochen.

 

Kurzbezeichnung: COST (EU-ANTRAG)
The Institutions of European Psychiatry. The memory of archives as a contribution to a political and social stock-taking
European program “Intergovernmental framework for European Co-operation in the field of Scientific and Technical Research”
Responsible for the project: Riccardo Panattoni, Professor for Philosophy, University of Verona/Italy
Co-organizer: Documentation Centre of History of Psychiatry “San Lazzaro” in Reggio Emilia/Italy
Scientific coordinator: Dr. Judith Kasper, Centro di Documentazione sulla Storia della Psichiatria, Reggio Emilia, Tel.: 0039 041 2960 800
Responsible institution: Department of Philosophy — University of Verona/Italy

General objectives of the project:
To create a network between European researchers to realize innovative and interdisciplinary research in the field between psychiatry and society with regard to a comprehensive survey of political practices concerning mental health.
 
Specific objectives:
The project aims at the creation of a solid network on whose base the constitution of a European Scientific Committee on Mental Health will be realized later.

Description of the project:
The project intends an exploration of psychiatry under the following aspects: historical, philosophical, ethical, legal, social, cultural, sanitary etc. Based on the analysis of the state of the arts in the specific domains of research realized by the partners, the project aims to an interdisciplinary and international dialogue and research on questions regarding the political practices concerning mental health which, in general, are not treated in an interdisciplinary way and only on a national range. The large and solid network of common exchange and research which will be constituted during the 4 years (term of the project) will be the basis for the constitution of a European Scientific Committee on Mental Health able to function as an efficient subject of consultation on a European level. The way and the means applied for the realization of the project are regular meetings (one or two times per year) during the 4 years. The function of these meetings is to do a stock-taking of the research done by the singular partners, to permit an interdisciplinary dialogue and exchange and to fix the future direction of research. The project contributes to the construction of a memory of mental and psychic disease as well as of a memory of the psychiatric institutions which care for and last but not least elaborate effective forms of communication and documentation of the various aspects of relations between psychiatry and society.
Projekt nach Vorauswahl im weiteren Verfahren zweimalig abgelehnt

 

Kurzbezeichnung: MUSE 1
Auf den Spuren eines reisenden Arztes. Ein Abc zum Gründungsdirektor der ersten württembergischen Heilanstalt Winnenthal: Albert Zeller (18041877)
Diese Wechselausstellung war die siebte Wechselausstellung des Württembergischen Psychiatriemuseums seit seiner Gründung 2003, und die erste seit der Etablierung des Bereichs Geschichte der Medizin im ZfP Weissenau bzw. seit Etablierung der Koordination der „Historischen Forschung“ der ZfP in Baden-Württemberg. Aus diesem Grund firmiert sie hier unter dem Kurznamen MUSE 1. Die Ausstellung wurde erstmals während der Tagung „Wissenstransfer in der Psychiatrie. Albert Zeller und die Psychiatrie Badens und Württembergs im 19. Jahrhundert“ am 13./14. Juni 2007 am Zentrum für Psychiatrie Winnenden präsentiert, bevor sie im Württembergischen Psychiatriemuseum zu sehen war. Sie begleitete die Buchpublikation des historischen Reisetagebuchs von Albert Zeller aus den Jahren 1832/33 die der Anlass war, sich mit der Frühzeit der württembergischen Psychiatrie auseinanderzusetzen. Nach Gründung der ersten „Königlich-Württembergischen Staatsirrenanstalt“ in Zwiefalten wurde im ehemaligen Deutschordensschloss Winnenthal in Winnenden bei Stuttgart eine zweite „modernen“ Ansätzen genügende Psychiatrie in Württemberg eröffnet. Deren Direktor Albert Zeller musste sich verpflichten, vor Dienstantritt die fortschrittlichsten europäischen Heilanstalten zu bereisen und dem Innenministerium Bericht zu erstatten. Zellers Reisebericht wurde in 22 Stichworten von A bis Z vorgestellt und mit umfangreichen Objekten aus Nachlass und Landessammlungen vorgestellt.
1. Buchpublikation. Bearbeiter: Bodo Rüdenburg. 2. Wechselausstellung. Bearbeiter. Martin Rexer unter Mitarbeit von Priv.-Doz. Dr. Thomas Müller, Bodo Rüdenburg. 3. Tagungsorganisation: Priv.-Doz. Dr. Thomas Müller.
Ausstellungszeitraum: 01.07.200724.01.2008

 

Kurzbezeichnung: MUSE 2
Die rätselhafte Welt des Stellmachers Karl Müller (18721925). „Art Brut“-Zeichnungen eines württembergischen Patienten aus der Sammlung MuSeele
Die zuvor nur im Schleswiger Museum für Outsiderkunst und im Städtischen Museum Welzheim gezeigte Sammlung war im angegebenen Zeitraum im Württembergischen Psychiatriemuseum zu sehen. Die Ausstellung war eine Kooperation mit dem Museum für Geschichte der Psychiatrie & Psychiatriegeschichten ‚MuSeele’ in Göppingen. Gezeigt wurden über 100 Tusche- und Farbstiftzeichnungen in hoher künstlerischer Qualität des ehemaligen Patienten und Stellmacher Karl Müller, geb. 1872 in Aichstrut bei Welzheim. Diese Zeichnungen, seine Krankenakte und ein Bericht seines behandelnden Arztes Dr. Eugen Schmidt sind quasi die einzigen erhaltenen Dokumente dieses Winnenthaler psychiatrischen Patienten. Die Zeichnungen sind ein beeindruckender Beleg für die Fantasien, Sehnsüchte und Ängste dieses Menschen.
Projekt: Wechselausstellung. Bearbeitung: Bodo Rüdenburg, Priv.-Doz. Dr. Thomas Müller, Ingrid Dümmel.
Ausstellungszeitraum: 01.05.31.08.2008

 

Kurzbezeichnung: MUSE 3
„56 große und kleine Momente aus dem Leben des Anstaltsbuchhalters Friedrich W. Ein fotografisches Panorama Zwiefaltens, 19001904“
Die über den Jahreswechsel 2008/2009 vorgestellte Sammlung umfasst über 50 einmalige historische Aufnahmen Zwiefaltens, die dem Württembergischen Psychiatriemuseum zur Eröffnung 2003 übereignet wurden. Vom 1. September 2008 bis zum April 2009 wurden die Fotos in Zwiefalten und in Zusammenarbeit mit dem Zwiefalter Peterstor-Museum erstmalig der Öffentlichkeit präsentiert. In der Zeit von 1900 bis 1908 erkundete der Buchhalter Friedrich W. seinen Wohnort Zwiefalten und die nähere Umgebung. Die Fotografien stellen eindrückliche Zeugnisse der Entwicklungsgeschichte des Krankenhauses dar, eingebettet in die Geschichte der kleinen Gemeinde. Sie erlauben Rückschlüsse in Bezug auf historische Fragen zu Architektur, Krankenhausstruktur und Sozialleben in Zwiefalten.
Projekt: Wechselausstellung. Bearbeiter: Martin Rexer unter Mitarbeit von Bodo Rüdenburg und Priv.-Doz. Dr. Thomas Müller.
Ausstellungszeitraum: 01.09.200830.04.2009

 

Kurzbezeichnung: MUSE 4
Zwangssterilisation, „Euthanasie“ und Patientenmord in der deutschen Psychiatrie
Die für Mai 2009 vorgesehene, circa dreimonatige Wechselausstellung des Museums ist eine Leihgabe unseres Kooperationspartners „Gedenkstätte Grafeneck“, die seit 2003 über eine Wanderausstellung als neuem und in dieser Dimension für eine Gedenkstätte in Baden-Württemberg einzigartigem Medium verfügt. Die Wanderausstellung wurde zunächst mit dem Titel „Krankenmord im Nationalsozialismus — Grafeneck 1940. Euthanasie-Verbrechen in Südwestdeutschland“ durch die Gedenkstättenförderung des Bundes und des Landes Baden-Württemberg initiiert. Konzipiert wurde die Ausstellung als Wanderausstellung, um das Thema „Euthanasie“ im Nationalsozialismus einem breiten Publikum zugänglich zu machen. Im Rahmen der „Historischen Forschung“ in Südwürttemberg wurde eine Reihe von Forschungsprojekten initiiert, die in absehbarer Zeit Ergebnisse zutage fördern werden. In der Präsentation dieser Ergebnisse, auch jenseits der medizinhistorischen Fachöffentlichkeit, arbeiten „Historische Forschung“ und Gedenkstätte Grafeneck kooperativ.
Projekt: Wechselausstellung. Bearbeiter: Priv.-Doz. Dr. Thomas Müller unter Mitarbeit von Bodo Rüdenburg und Martin Rexer. Kooperationspartner: Dr. Thomas Stoeckle, Gedenkstätte Grafeneck.
Ausstellungszeitraum: 01.05.31.07.2009

 

Kurzbezeichnung: MUSE 5
Das schöne Bild vom Wahn. Weinsberger Patientenfotografien aus dem frühen 20. Jahrhundert
Die Ausstellung zeigt historische Fotografien aus der Heilanstalt Weinsberg. Der erste ärztliche Direktor, Dr. Paul Kemmler (18651929), hat im Rahmen seiner Tätigkeit zwischen 1904 und 1918 einen Fundus von rund 1000 Aufnahmen angelegt, darunter Einzel- und Gruppenporträts sowie Dokumentationen von Gebäuden und Parkanlagen der Klinik. Das Hauptwerk des Psychiaters gilt mit über 700 Glasplatten der Aufzeichnung seiner Patientinnen und Patienten sowie des Personals der Anstalt. Ein weiterer Teil der Lichtbilder dokumentiert die therapeutische Situation der Klinik, das Sonnenbaden, Spinnen, Sägen, die Feldarbeit. Die Aufnahmen Kemmlers zeichnet eine hohe technische wie ästhetische Qualität aus, die sich nicht zuletzt dem Interesse des Arztes am Medium der Fotografie verdankt. Einerseits lassen die Porträts insbesondere der sog. Pfleglinge auf die Umsicht und Sorgfalt des Psychiaters im Moment der Aufnahme schließen. Andererseits werfen insbesondere die Porträts der Patientinnen komplexe ethische Fragen auf. Die teilweise hochqualitativen Aufnahmen erinnern zuweilen an die Gesellschaftsporträts von August Sander. Das Staatsarchiv Ludwigsburg hatte diese einzigartige Sammlung im Sommer 2005 vom Klinikum am Weissenhof in Weinsberg übernommen und präsentierte sie erstmalig im Rahmen einer Ausstellung im Sommer 2009 in einem erweiterten Kontext dem der bürgerlichen Fotografie nach 1900. Das Württembergische Psychiatriemuseum hat nun diese Konzeption übernommen und zeigte die umfassende Sammlung in den Räumlichkeiten des Museums und des Verwaltungsgebäudes des Zentrums für Psychiatrie Südwürttemberg am Standort Zwiefalten.
Ausstellungszeitraum: Vom 07.09. bis 15.02.2010 im Württembergischen Psychiatriemuseum und im Verwaltungsgebäude des ZfP Südwürttemberg am Standort Zwiefalten.
Projekt: Wechselausstellung. Leihgeber: Staatsarchiv Ludwigsburg. Bearbeiter: Priv.-Doz. Dr. Thomas Müller, Bodo Rüdenburg.

 

Kurzbezeichnung: MUSE 6
Erzählte Geschichte der Psychiatrie. Patienten aus Münsterlingen/Thurgau in der „Hör-Bar“
Mit dem Neubau der psychiatrischen Klinik Münsterlingen 1985 reformierte man nicht nur die Unterbringung psychisch kranker Menschen im schweizerischen Thurgau, auch ihre Behandlung in der ältesten Schweizer Psychiatrie wandelte sich. An das Leben in der alten Klinik erinnern sich besonders die Langzeitpatienten. 75 Jahre und älter sind die Männer und Frauen die in der „Hör-Bar“ über ihre Erfahrungen in und mit der Psychiatrie sprechen. Fünf Gegenstände — ein Kartonschachtelherz, eine Kette, eine Sanduhr, eine Kerze und das Foto einer Öde — dienten den Interviewern als Stichwortgeber und wurden so zu Symbolen vielfältiger Erinnerungen. Den Gegenständen gemäß werden in fünf verschiedenen Hör-Stationen Klinikalltag und persönliche Erlebnisse geschildert und reflektiert — ganz so, wie es dem jeweiligen Erzähler entspricht. Ein besonderes Merkmal ist der unterschiedliche schweizerdeutsche Heimatdialekt der hoch betagten Patienten. Angeregt und betreut wurde das Projekt von Tobias Arni, Klinikseelsorger in Münsterlingen, und Christine Froetscher, wissenschaftliche Mitarbeiterin der Pflegedirektion.

 

Kurzbezeichnung: MUSE 7
„Der 232. Monat“ von Jan-Peter Tripp. Eine 1973 im PLK Weissenau entstandene Kunstausstellung
Die zwischen Anfang März und Mitte Mai 2011 im Württembergischen Psychiatriemuseum zu sehende Ausstellung des Künstlers Jan-Peter Tripp zeigt 32 Objekte im Zyklus und einige weitere Werke, die bei einem Studienaufenthalt zwischen dem 16. Januar und dem 16. Februar 1973 im ehemaligen PLK Weissenau entstanden sind. Jan-Peter Tripp ist Absolvent bekannter Kunsthochschulen in Wien und Stuttgart und war Stipendiat namhafter Förderer. Für den 1945 in Oberstdorf im Allgäu geborenen Künstler stellte diese Werkreihe eine Art Durchbruch dar. Es folgte eine kaum überschaubare Zahl von Ausstellungen in vielen europäischen Städten und dem außereuropäischen Ausland.
 
Bei dem Zyklus handelt es sich um zuletzt 2008 bearbeitete rechteckige, flache Objekte von der Größe ca. 60x40 cm, die fotographische, handschriftliche und tagebuchartige Aufzeichnungen zur Psychiatrie beinhalten, um kleinste Fotographien im Fries sowie häufig personengebundene Gemälde des Künstlers. Die Objekte stehen in engem Bezug zur Weissenau als ehemaliges Psychiatrisches Landeskrankenhaus, dem heutigen ZfP-Standort. Die Texte beschreiben ein psychiatrisches Krankenhaus vor Umsetzung der Reformmaßnahmen der sog. Psychiatrie-Enquete. Die Personenbeschreibungen der Patientinnen und Patienten wirken lebensnah und echt, sind z.T. anonymisiert, und wirken jedenfalls realistisch. Einzelne Stationen und Abteilungen, auch das Gelände werden identifizierbar beschrieben. Die Haltung des Beobachters ist — in Bezug auf die damaligen Verhältnisse — durchaus als ‚psychiatriekritisch‘ zu bezeichnen. Zum Teil wurden auch Zeitungsausschnitte und Briefstücke eingebaut. Die Patienten stehen, nicht allein aufgrund der Fotographien und Porträtgemälden, im Zentrum dieser interessanten Ausstellung.
 
Die von Hugo Näger (Galerie Hagen, Offenburg), dem Galeristen und kuratierenden Begleiter der Werke Jan-Peter Tripps zur Verfügung gestellte Ausstellung wird zu einem späteren Zeitpunkt und in erweiterter Zusammenschau mit anderen Werken des Künstlers an ihrem Entstehungsort, dem Standort Weissenau des heutigen ZfP Südwürttemberg zu sehen sein. Aus diesem Anlass ist eine Zusammenarbeit mit einer in Baden-Württemberg namhaften und einschlägigen Einrichtung, dem „Museum Charlotte Zander“ bei Heilbronn vorgesehen, das sich der sog. Art brut verschrieben hat.
Laufzeit: 1. März — 15. Mai 2011

 

Kurzbezeichnung: MUSE 10
Zur Geschichte der südwestdeutschen „Euthanasie“ mit besonderer Berücksichtigung der Rolle Grafenecks und Zwiefaltens
Die Wechselausstellung des Museums Zwiefalten, die im Erdgeschoss/Verwaltungsbau der Klinik in Zwiefalten gezeigt wurde, stellt eine erneute Kooperation mit der Gedenkstätte Grafeneck dar. Das Thema der bereits einmal von Mai bis Juli 2009 gezeigten Wechselausstellung des Museums, der sogenannten Euthanasie im Südwesten Deutschlands, einer Leihgabe unseres Kooperationspartners „Gedenkstätte Grafeneck“, die seit 2003 über eine Wanderausstellung als seinerzeit neuem und bis dato in dieser Dimension für eine Gedenkstätte in Baden-Württemberg einzigartigem Medium verfügte, wurde im Jahr 2012 erneut relevant. Die Wanderausstellung der Gedenkstätte Grafeneck war seinerzeit zunächst mit dem Titel „Krankenmord im Nationalsozialismus - Grafeneck 1940. Euthanasie-Verbrechen in Südwestdeutschland“ durch die Gedenkstättenförderung des Bundes und des Landes Baden-Württemberg initiiert worden. Aus Anlass des 200-jährigen Jubiläums wurden nun neue Forschungsergebnisse aus den Projekten des Forschungsbereichs Geschichte der Medizin am ZfP Südwürttemberg in diese Ausstellung integriert. Die spezielle Funktion Zwiefaltens im Rahmen der sog. Euthanasie, einige biographische Studien zu involvierten Ärzten und Ärztinnen, Erkenntnisse zum Schicksal der Patienten aus Zwiefalten und andere Aspekte mehr stellen aktuelle Ergänzungen des ZfP Südwürttemberg zu der seit Jahren erfolgreich wandernden Ausstellung der Gedenkstätte dar. Die Ausstellung wurde am 19. April 2012 anlässlich der Übergabe des Ravensburger Mahnmals zum Gedenken an die Opfer der sog. Euthanasie („Denkmal der grauen Busse“) an die Zwiefalter Öffentlichkeit übergeben, und war bis Dezember 2012 zu sehen. Ausstellungsbearbeitung: Thomas Stöckle, Franka Rößner (Gedenkstätte Grafeneck), Thomas Müller, Uta Kanis-Seyfried (ZfP Südwürttemberg).

 

Kurzbezeichnung: MUSE 11
„Ich lasse mich nicht länger für einen Narren halten“
„Ich lasse mich nicht länger für einen Narren halten“, schimpft 1903 der Jagdgehilfe Josef B. über seine Behandlung und Einsperrung in der Psychiatrie. Im Rahmen dieser außergewöhnlichen Ausstellung wird seine Geschichte rekonstruiert, ebenso wie jene von 30 weiteren Frauen und Männern, die im historischen Raum Tirol zwischen dem Beginn des 19. Jahrhunderts und den 1970er Jahren psychiatrisch behandelt wurden. Diese Ausstellung des Württembergischen Psychiatriemuseums ist im Verwaltungsbaus der Klinik des ZfP Südwürttemberg in Zwiefalten vom 1. Mai bis zum 30. September 2012 zu sehen. Offiziell eröffnet wird die beeindruckende Schau am Abend des 13. Juni 2012 in Anwesenheit des österreichisch-italienischen Ausstellungsteams. Die mit Möbeln arbeitende und ästhetisch gestaltete, biografische „Fallgeschichten“ präsentierende Ausstellung als Teilergebnis eines EU-Projekts widmet sich dem Schicksal von Psychiatriepatientinnen und -patienten, die im historischen Raum Tirols, unter anderem in den Anstalten Hall i.T., der Universitätsklinik Innsbruck und der Anstalt Pergine. Den Biografien sind zumeist passive Verben zugeordnet, die das Schicksal der Betroffenen charakterisieren sollen: begutachten – arbeiten – essen – behandeln – verwahren –töten – erziehen – verschicken. „Verschickt“ wurden im Rahmen des deutsch-italienischen Optionsvertrages zwischen Hitler und Mussolini in den 1940erJahren viele Patienten aus dem heutigen Südtirol nach Württemberg – in die Heil- und Pflegeanstalten Zwiefalten, Schussenried und Weissenau. Diese und andere Aspekte stellen interessante und zum Teil auch überraschende Verbindungen zwischen der Psychiatriegeschichte Tirols im 19. und 20. Jahrhundert, sowie derjenigen Zwiefaltens dar, die nun bereits 200 Jahre umfasst. Eine Patientin gar nahm einen umgekehrten Weg, wie die sog. „Südtiroler“ in Württemberg: sie stammte aus Zwiefalten, lebte in Südtirol, und erkrankte dort später.
Das Institut für Geschichtswissenschaften & Europäische Ethnologie sowie das Institut für Erziehungswissenschaft der Universität Innsbruck erarbeiteten die vom Südtiroler Landesarchiv getragene Ausstellung im Rahmen des Interreg IV-Projekts (Italien/Österreich) „Psychiatrische Landschaften. Die Psychiatrie und ihre Patientinnen und Patienten im historischen Raum Tirol-Südtirol von 1830 bis heute“ (Weitere Informationen unter: www.psychiatrische-landschaften.net). Eine zugehörige Publikation (Elisabeth Dietrich-Daum et altri 2011) liegt bereits vor. Der gerade fertig gestellte Katalog der Ausstellung wird bei der Zwiefalter Vernissage der Ausstellung erstmals erhältlich sein.
Leitungsteam des Projekts: Maria Heidegger, Siglinde Clementi, Elisabeth Dietrich-Daum, Hermann Kuprian und Michaela Ralser. Kuratierung und Szenografie: Lisa Noggler und Celia Di Pauli. Verantwortlich für die Installation am Württembergischen Psychiatriemuseum, Zwiefalten: Thomas Müller. Ausstellungsdauer: 23. April bis 30. November 2012. Vernissage: 13. Juni 2012, 20.30 Uhr.

 

Kurzbezeichnung: MUSE 12
So Gesehen. Psychiatrie-erfahrene Kunst
„So gesehen“. 60 psychiatrie-erfahrene Künstlerinnen und Künstler aus Baden-Württemberg. Zum zweiten Mal richtete der Landespsychiatrietag Baden-Württemberg in 2012 unter dem Motto „So gesehen“ einen Kunstpreis aus. Beworben haben sich 330 psychiatrie-erfahrene Künstlerinnen und Künstler. Sie boten zusammen insgesamt 880 Werke einer Jury zur Beurteilung an. Eine Auswahl von 60 dieser 880 Kunstwerke, unter diesen die prämierten Werke, wird nach Ausstellungen in Stuttgart, Konstanz, Nürtingen, Göppingen und Karlsruhe nun von April bis Ende Juni 2013 im Württembergischen Psychiatriemuseum in Zwiefalten zu sehen sein. Weitere Informationen zum Kunstpreis und zur Ausstellung sind auch unter dem Link: http://www.landespsychiatrietag.de/kunst_preis.html erhältlich. Die Bilder sind zum Teil auch käuflich erwerbbar.
Verantwortlich für die Ausstellung im Württembergischen Psychiatriemuseum: Priv.-Doz. Dr. Thomas Müller.

 

Kurzbezeichnung: MUSE 13
Grenzgänger zwischen den Welten
Friedrich Pöhler (1867–1921) — Patient und Fotograf

Friedrich Pöhler war einer der ersten Fotografen, die sich im württembergischen Südwesten professionell mit der Herstellung von Porträtaufnahmen und Alltagsfotografie beschäftigten.
Während seiner Berufstätigkeit zwischen 1909 und 1910 in Wilhelmsdorf entstand eine Vielzahl bemerkenswerter Aufnahmen, die das dörfliche und bürgerliche Leben in Oberschwaben zu Beginn des 20. Jahrhunderts eindrucksvoll widerspiegeln. Seit dem frühen Erwachsenenalter psychisch erkrankt, balancierte Friedrich Pöhler auf dem schmalen Grat zwischen der Normalität der Alltagswelt und einer Vielzahl von Aufenthalten in psychiatrischen Anstalten und Kliniken.
Die Ausstellung (MärzJuni 2014) im Verwaltungsgebäude des ZfP Südwürttemberg, Standort Zwiefalten, zeigt sein fotografisches Wirken und gibt erstmals auch einen Einblick in die Biografie dieses Mannes, in sein Ringen um ein selbstbestimmtes Leben, in sein Gefangensein in Krankheit und (klein-)bürgerlichen Konventionen. Gleichzeitig bietet sie einen authentischen Blick auf die zeitgenössische Medizin an der Wende zum 20. Jahrhundert und den Umgang von Ärzten mit ihren Patienten.
Bearbeitung und Kuratierung: Dr. Uta Kanis-Seyfried.
Bearbeitungszeitraum: 2013—2014. Ausstellungszeitraum: März—Juni 2014.

 

Kurzbezeichnung: MUSE 14
„100 Jahre Psychiatrie in Reichenau bei Konstanz“
Diese Ausstellung wurde im Frühsommer 2014 am Zentrum für Psychiatrie Südwürttemberg, Standort Ravensburg-Weissenau präsentiert und befasste sich mit der wechselvollen Geschichte der psychiatrischen Versorgung im badischen Reichenau, in der Nähe von Konstanz. Zum 100jährigen Bestehen der Großherzoglich-badischen Heil- und Pflegeanstalt war die nicht allein historische Schau im Jahr 2013 unter der Leitung von Winfried Klimm (ZfP Reichenau) mit zahlreichen Fotografien und Exponaten zusammengestellt worden. In der Zeit der Weimarer Republik hatten zunächst sozialpsychiatrische und psychotherapeutische Ansätze die Behandlung psychisch erkrankter Menschen geprägt. Während des Nationalsozialismus ereignete sich eine auch im Vergleich zu anderen psychiatrischen Einrichtungen besonders harsche Zäsur: Nicht nur wurden 508 Menschen im Rahmen der sogenannten Euthanasie von hier deportiert und getötet, 1941 stellte die Großherzoglich-badische Heil und Pflegeanstalt bei Konstanz ihren Dienst ganz ein: Die Räumlichkeiten wurde einer Nationalpolitischen Erziehungsanstalt (NAPOLA) zur eingerichtet. In den Jahrzehnten nach dem Krieg wurde die Funktion eines psychiatrischen Krankenhauses re-etabliert. Unter der Leitung von Helmut Siedow und Rudolf Cohen entstand eine bis dato einmalige und modellgebende Kooperation zwischen einer psychologischen Fakultät (der neu gegründeten Universität Konstanz) und einem psychiatrischen Landeskrankenhaus mit Versorgungsauftrag. Fachliche Vertiefungen und Spezialisierungen, insbesondere im Rahmen der Suchtmedizin und Psychosenbehandlung, prägten die nächsten Dekaden. Die von Thomas Müller und Uta Kanis-Seyfried (Forschungsbereich Geschichte und Ethik in der Medizin des ZfP Südwürttemberg) kuratierte Ausstellung zur Geschichte der (Psychiatrie in) Reichenau spannte den Bogen von den Anfängen der Behandlung psychisch erkrankter Menschen und verschiedenen Versorgungsformen bis hin zu Beispielen heutiger, moderner Therapien und Wohnformen.
Bearbeitung und Kuratierung: Winfried Klimm. Kuratierung Weissenau: PD Dr.Thomas Müller, Dr. Uta Kanis-Seyfried.
Ausstellungszeitraum: 1. April bis 21. Juli 2014

 

Kurzbezeichnung: MUSE 15
„Von Kriegszitterern, Sanitätsoffizieren und Helferinnen. Trauma und Psychiatrie im Ersten Weltkrieg“
2014 jährt sich zum einhundertsten Mal der Beginn des Ersten Weltkriegs, der als erster industrialisierter Massenkrieg in die Geschichte einging. Unter den Bedingungen dieses Schützengrabenkriegs erkrankten allein im deutschen Heer mehrere hunderttausend Soldaten an sogenannten Krankheiten des Nervengebietes. Auch unter den „Daheimgebliebenen“ brachte der „Große Krieg“ eine Vielzahl seelischer Verletzungen hervor. Psychiatrische Krankenhäuser an Front und „Heimatfront“ sahen sich vor unerwartete Probleme bezüglich Unterbringung und Behandlung der Patienten gestellt. In eigens eingerichteten Reservelazaretten wurden psychisch erkrankte Militärangehörige versorgt und neue, zum Teil sehr radikale, im öffentlichen militärpsychiatrischen Diskurs entwickelte Behandlungsmethoden erprobt.
Die von Dr. Maria Hermes (Bremen) im Rahmen ihrer Dissertation konzipierte und im Verwaltungsgebäude des ZfP Südwürttemberg, Standort Zwiefalten, präsentierte Ausstellung befasst sich mit der Psychiatrie im Deutschen Reich am Beispiel des St. Jürgen-Asyls in Bremen. Auf der Basis von Krankengeschichten soldatischer, aber auch ziviler männlicher und weiblicher Patienten werden verschiedene Themenbereiche dargestellt: Ärzte – Pflegepersonal – Ursachen von Kriegstraumata und ihre Beurteilung – Behandlungsmethoden – Krankheiten im Krieg – Hungersterben. Veranschaulicht werden die Sachverhalte dieser Ausstellung durch Fotografien, Dokumente und dingliche Exponate. An zwei Hörstationen können von Schauspielern gesprochene Zitate von Ärzten und Patienten zur Psychiatrie im Ersten Weltkrieg gehört und so die Wahrnehmungsweisen der betroffenen Personen authentisch erfahren werden.
Erweitert wurde die Ausstellung durch eigene Forschungen zur regionalen Geschichte während des Ersten Weltkriegs am Forschungsbereich Geschichte und Ethik der Medizin im ZfP Südwürttemberg, erarbeitet durch Dr. Uta Kanis-Seyfried. Am Beispiel der württembergischen Heilanstalten Zwiefalten, Schussenried, Weissenau und der im Badischen gelegenen Reichenau bei Konstanz werden unterschiedliche Sichtweisen und Folgen des Kriegsgeschehens aufgezeigt. Exemplarische Beispiele von „Patientengeschichten“ aus dem Militär-Reservelazarett, das in der Heilanstalt Weissenau eingerichtet worden war, können in einer Broschüre nachgelesen werden. Die Ausstellung (ZfP Südwürttemberg, Zwiefalten, Hauptstraße 9, Verwaltungsgebäude) ist bis 31. März 2015 täglich, Montag bis Sonntag, von 10 bis 18 Uhr geöffnet. Der Eintritt ist frei. Führungen sind nach Voranmeldung über das Württembergische Psychiatriemuseum Zwiefalten jederzeit möglich. Tel: 07373 10-3113.
Bearbeitung und Kuratierung: Dr. Maria Hermes. Kuratierung Zwiefalten: Dr. Uta Kanis-Seyfried.
Ausstellungszeitraum: 1. Oktober 2014 bis 31. März 2015, ZfP Südwürttemberg, Standort Zwiefalten, Verwaltungsgebäude.

 

Kurzbezeichnung: Muse 16/SCHU 5
„Die Hirnforschung Korbinian Brodmanns“
Mit der Erforschung und Darstellung der vergleichenden Lokalisationslehre der Großhirnrinde zu Beginn des 20. Jahrhunderts hat der Neurologe und Psychiater Prof. Dr. Korbinian Brodmann der medizinischen Nachwelt bahnbrechende wissenschaftliche Erkenntnisse hinterlassen. Ihm und seinem Werk ist das Korbinian-Brodmann-Museum gewidmet, das 1986 an seinem Geburtsort Liggersdorf in der Nähe von Stockach eingerichtet worden ist. Eine Wanderausstellung, die wesentliche Inhalte dieser Ausstellung in der Region wie jenseits dessen bekannt macht, wurde von Dr. Uta Kanis-Seyfried (Forschungsbereich Geschichte und Ethik in der Medizin des ZfP Südwürttemberg) in 2012, zusammen mit dem Museum in Hohenfels-Liggersdorf erstellt. Damit wurde es möglich, erstmals außerhalb des Museums Einblick in Leben und Werk Brodmanns zu nehmen. Diese Ausstellung wurde nach zwei Jahren der Ausleihung nun zurückgeholt und thematisch maßgeblich erweitert. Von März bis Juli 2014 war die Ausstellung in den Räumlichkeiten der akademie südwest des ZfP Südwürttemberg am Standort Bad Schussenried in erweiterter Form erstmals zu sehen.
Ursprüngliche Bearbeitung: Museum Hohenfels-Liggersdorf / Dr. Uta Kanis-Seyfried
Erweiterte Bearbeitung und Kuratierung der Wanderausstellung: Dr. Uta Kanis-Seyfried.
Ausstellungsort Universität Würzburg, Medizinische Fakultät, 2015.

 

Kurzbezeichnung: Muse 17
Interpretationen des „spanischen Mädchens“. Ein inklusives Kunstprojekt
Die Ausstellung zeigt 22 Ergebnisse einer Kunstausstellung mit anonymisiertem Wettbewerbsverfahren in 2014, an dem gleichermaßen Psychiatrieerfahrene wie Schülerinnen und Schüler aus dem Süden Baden-Württembergs teilnahmen. Die Werke konterkarieren eindrucksvoll das stereotype Vorurteil der Unterscheidbarkeit der Kunst von Menschen mit beziehungsweise ohne psychische Erkrankung. Die Initiative ist Produkt einer Kooperation des Kunstmuseum Ravensburg mit dem ZfP Südwürttemberg am Standort Ravensburg. Die Werke dieses im Sinne der sozialpsychiatrischen Debatte inklusiven Malwettbewerbs stellen je individuelle Adaptationen und Verfremdungen des Werks „Spanisches Mädchen“ von Alexej von Jawlensky aus der Sammlung des Ravensburger Kunstmuseums dar. Das Württembergische Psychiatriemuseum zeigt die Auswahl in den Räumlichkeiten einer klinikinternen Akademie für Fort- und Weiterbildung, um sie einem breiteren Publikum zugänglich zu machen. In der Erarbeitungsphase gelang den Initiatoren, Menschen der Region mit und ohne chronische psychische Erkrankung in ungezwungener Form für gemeinsames künstlerisches Schaffen zu begeistern. Ein zweiter, nachhaltiger Effekt dieses Kunstwettbewerbs besteht in der sozialen Vernetzung der Teilnehmenden, die inzwischen gemeinsam Ausstellungen und Museen besuchen sowie weitere Projekte durchführen. Initial etablierte sich eine inklusive Kunstgruppe mit eigenem Atelier in der Schule für Gestaltung Ravensburg.
Organisatoren des Wettbewerbs mit Ausstellung: Kunstmuseum Ravensburg und ZfP Südwürttemberg.
Kuratierende: Dr. Michael Konrad (für den Geschäftsbereich Wohnen des ZfP Südwürttemberg in Ravensburg / Dr. Nicole Fritz (für das Kunstmuseum Ravensburg). Verantwortlich für das Württembergische Psychiatriemuseum: PD Dr. Thomas Müller. Gastgebende Einrichtung: akademie südwest des ZfP Südwürttemberg. Ort: akademie südwest, Neues Kloster, Bad Schussenried, Württemberg. Vernissage: Mittwoch, 10. Dezember 2014, 15.00 Uhr. Ausstellungsdauer: 10. Dezember 2014 bis 15. Februar 2015.

 

Kurzbezeichnung: MUSE 18 / WEIS 9
Die Ausstellung „Mit dem Fahrrad fliegen“ widmet sich dem Leben des ehemaligen Klosterschülers und Flugradbauers Gustav Mesmer (1903-1994). Aufgrund eigenartiger Vorfälle 1929 erstmals in die Staatliche Heil- und Pflegeanstalt Schussenried aufgenommen, verbrachte Mesmer insgesamt circa 35 Jahre seines langen Lebens in Behandlung psychiatrischer Kliniken in Schussenried und Ravensburg-Weissenau. Annähernd seine gesamte Lebenspanne produzierte er Zeichnungen, Gemälde, baute und erfand Instrumente. Vor allem mit seinen Flugradmodellen wurde er noch zu Lebzeiten berühmt: Kunstwerke des oberschwäbischen „Ikarus vom Lautertal“ fanden Aufnahme in das Programm der Weltausstellung in Sevilla 1992. Die Ausstellung im Zeppelin-Museum Friedrichshafen ist vom 27. März bis zum 28. Juni 2015 zu sehen, und hält erstmals das gesamte, überlieferte Werk Mesmers aus verschiedenen Lebensphasen vor. Die Ausstellung wurde unterstützt mit Exponaten des Württembergischen Psychiatriemuseums, greift auf Aktenmaterial des ZfP Südwürttemberg zurück und wurde vom Forschungsbereich Geschichte der Medizin am ZfP inhaltlich beraten.
Leitung des Projekts: Sabine Mücke, M.A., Zeppelin-Museum Friedrichshafen.
Betreuung seitens des Württembergischen Psychiatriemuseums / Forschungsbereichs Geschichte der Medizin: PD Dr. Thomas Müller, Dr. Uta Kanis-Seyfried.
Ausstellungsdauer: 28. März bis 28. Juni 2015. Vernissage: 27. März 2015.

 

Kurzbezeichnung: MUSE 19
„… mit gewohnter Pflichttreue.“ Zur Geschichte der psychiatrischen Pflegeausbildung in Sachsen und Württemberg
Der Prozess der Professionalisierung des psychiatrischen Pflegeberufes in Deutschland begann 1888 in Sachsen. Hier fand erstmals eine zentrale und staatlich organisierte Ausbildung für die psychiatrische Pflege statt. Im Königreich Württemberg wurden erst 1912 zentrale Ausbildungsstandards festgelegt. Im Mittelpunkt der Ausstellung stehen die Ausbildung, aber auch der Arbeitsalltag der psychiatrischen Pflege in Sachsen und Württemberg im 19. und 20. Jahrhundert. Die vom 20. Mai bis 31. August 2015 im Verwaltungsgebäude des ZfP Südwürttemberg in Zwiefalten zu sehende Ausstellung stellt eine Kooperation des Württembergischen Psychiatriemuseums mit dem Sächsischen Psychiatriemuseum in Leipzig und der Stiftung Sächsische Gedenkstätten dar. Der Ausstellung im Verwaltungsgebäude des ZfP Südwürttemberg in Zwiefalten liegt zum einen die Wanderausstellung „125 Jahre Ausbildung von psychiatrischem Pflegepersonal in Sachsen“ zugrunde, die von den Kuratoren Dr. Boris Böhm, Leiter der Gedenkstätte Pirna-Sonnenstein, und Thomas R. Müller, Leiter des Sächsischen Psychiatriemuseums in Leipzig, erarbeitet wurde. Ergänzt wurde die Ausstellung durch Exponate des Württembergischen Psychiatriemuseums sowie durch Forschungsergebnisse zur württembergischen Entwicklung. Von Seiten des Forschungsbereichs für Geschichte & Ethik in der Medizin am ZfP Südwürttemberg wird die hier gezeigte Ausstellung von Dr. Bernd Reichelt betreut. Ausstellungsdauer: 20. Mai bis 31. August 2015.

 

Kurzbezeichnung: MUSE 20
Ein inklusives Kunstprojekt im Rahmen der Ravensburger Kunstausstellung „Ich bin eine Pflanze. Naturprozesse in der Kunst“
Mit „Impulse Inklusion“, einem vom Sozialministerium unterstützten Projekt, startete im Jahr 2014 eine Kooperation zwischen dem Kunstmuseum Ravensburg und dem ZfP Südwürttenberg. Ein inklusiver Malwettbewerb war der Startschuss für einen gemeinsames Ziel: mit dem Medium Kunst in verschiedenen Workshops und Angeboten Barrieren zwischen gesellschaftlichen Gruppen abzubauen und Raum für Begegnungen zu schaffen, war erklärtes Ziel. Im Januar 2015 nun konnte in den Räumlichkeiten der Schule für Gestaltung ein „inklusives Atelier“ geschaffen werden. In diesem Inklusiven Atelier in Ravensburg begegnen sich Menschen mit und ohne psychische Beeinträchtigungen, um gemeinsam künstlerisch tätig zu sein. Die Tür steht für alle offen: wer sich selbst in Kunst erfahren und gerne mit Gleichgesinnten ins Gespräch kommen möchte, ist herzlich willkommen. Motiviert durch das große Interesse am Malwettbewerb des Jahres 2014, und inspiriert von der aktuellen Ausstellung „Ich bin eine Pflanze – Naturprozesse in der Kunst“ im Kunstmuseum Ravensburg, führte das Inklusive Atelier in Kooperation mit dem Kunstmuseum einen weiteren Malwettbewerb durch. Durch eine breitgefächerte Werbung im öffentlichen Raum und im gemeindepsychiatrischen Verbund, aber auch durch die vielen Gäste des Inklusiven Ateliers, konnten Menschen aller Bevölkerungsgruppen und über den Landkreis hinaus erreicht werden. Menschen mit und ohne Handicap, Berufskünstler, auch Asylsuchende – von Konstanz bis Isny – waren gemeinsam tätig. In diesem Jahr orientierten sich die 40 Teilnehmerinnen und Teilnehmer motivisch am Motto der erwähnten, zeitgleichen Ausstellung des Kunstmuseums, welche die Beziehung zwischen Mensch und Natur aufgreift. Eine unabhängige Fachjury wählte aus den anonym präsentierten Werken 7 Bilder aus, welche besonders beeindruckten.
Mitglieder dieser Jury waren: Dr. Nicole Fritz, Kunstmuseum Ravensburg; Barbara Ehrmann, Künstlerin aus Ravensburg; Prof. Dr. Thomas Röske, Leiter der Sammlung Prinzhorn, Heidelberg; Dr. Mike Konrad, ZfP Südwürttemberg, Standort Ravensburg sowie Roland Wagner, Leiter der Schule für Gestaltung, Ravensburg.
Die Bilder wurden im Rahmen einer Preisverleihung am 16. Juli 2015 im KUMU Ravensburg prämiert. Die prämierten Kunstschaffenden sind: Evelin Bosem, Marie- Luise Kraiser, Jana Mendler, Birgit Seele, Bea Wäscher, Wolfram Galuschka, Martin Kremsler. Zur Erweiterung der Sammlung wählten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Inklusiven Ateliers weitere 7 Bilder aus, welche gemeinsam mit den prämierten Gemälden auf Ausstellungsreise gehen werden. Folgende Kunstschaffende wurden ausgewählt: Theresa Larosa, Daniela Fabio, Katrin Filbert, Claudia Ruf, Jamin Laminsesay, Christian Lord, Hubert Schwarz.
Organisatoren des Wettbewerbs mit Ausstellung: Kunstmuseum Ravensburg und ZfP Südwürttemberg. Kuratierende: Dr. Michael Konrad (für den Geschäftsbereich Wohnen des ZfP Südwürttemberg in Ravensburg / Dr. Nicole Fritz (für das Kunstmuseum Ravensburg). Verantwortlich für das Württembergische Psychiatriemuseum: Prof. Dr. Thomas Müller. Gastgebende Einrichtung: akademie südwest des ZfP Südwürttemberg. Ort: akademie südwest, Neues Kloster, Bad Schussenried, Württemberg. Vernissage: Mittwoch, 21. Oktober 2015, 17.00 Uhr. Ausstellungsdauer: 21. Oktober 2015 — 31. Januar 2016.

 

Kurzbezeichnung: MUSE 21
Kunstausstellung „etwas bleibt“ der Inklusionskonferenz des Landkreises Reutlingen
Um die Ziele der UN-Behindertenrechts-Konvention auf kommunaler Ebene umzusetzen, begründete der Landkreis Reutlingen 2014 zusammen mit seinen kreisangehörigen Städten und Gemeinden sowie mit allen relevanten Akteuren das Modellprojekt Inklusionskonferenz, das direkt dem Landrat zugeordnet ist. Die Konferenz versteht sich als Gesamtnetzwerk aller Beteiligten, welche die Inklusion im kommunalen Raum gestalten. Von besonderer Bedeutung ist dabei die Beteiligung von Menschen mit Handicaps, Angehörigen und Selbsthilfegruppen als Experten aus eigener Erfahrung. Einen wichtigen Baustein stellt dabei die Wanderausstellung „etwas bleibt“ dar. Sie wurde von der Geschäftsstelle der Inklusionskonferenz im Rahmen der landesweiten Öffentlichkeitskampagne „duichwir“ entwickelt und initiiert. Sechs Künstler und Künstlerinnen aus dem Landkreis Reutlingen stellen auf unterschiedliche Art und Weise ihren Zugang zur Inklusion vor. Renate Quast (Reutlingen), Erich Rosenberger (Reutlingen), Norman Seibold (Grafeneck), Birgit Sonnhof (Reutlingen), Karl Striebel (Münsingen) und Helm Zirkelbach (Kohlstetten) bieten mit Malerei, Radierung und Fotografie sowie unterschiedlichen Genres und Techniken eine beeindruckende Bandbreite künstlerischer Vielfalt. Die Wanderausstellung wurde im Frühjahr 2015 in der Kreissparkasse Reutlingen und im Sommer 2015 in Bad Urach gezeigt. Ab dem 14. Oktober 2015 zeigt das Württembergische Psychiatriemuseum für rund drei Monate die Wanderausstellung am Standort Zwiefalten. Verantwortlich für das Württembergische Psychiatriemuseum: Dr. Bernd Reichelt. Ort: Verwaltungsbau des ZfP Südwürttemberg in Zwiefalten. Vernissage: Mittwoch, 14. Oktober 2015, 19.00 Uhr. Ausstellungsdauer: 14. Oktober 2015 — 31. Januar 2016.

 

Kurzbezeichnung: MUSE 22
Wechselausstellung „Kettenmenschen – vom Umgang mit psychisch Kranken in Westafrika“
Tausende psychisch kranker Menschen leben in den Dörfern der Elfenbeinküste und des Benin als sogenannte Kettenmenschen. Sie werden an einen Baum gekettet oder in dunklen Verschlägen weggeschlossen. Die Gesellschaft hat Angst vor ihnen. In den vor allem auf dem Land nach wie vor wirkungsmächtigen naturreligiösen Vorstellungen Westafrikas sind psychisch Kranke von Dämonen befallen. Seit 1991 bemüht sich die einheimische katholische Organisation St. Camille de Lellis mit ihrem Gründer und Direktor Grégoire Ahongbonon, die Menschen – im wahrsten Sinne des Wortes – von ihren Ketten zu befreien und sie in Therapiezentren aufzunehmen. Mehr als 15 000 Menschen in mittlerweile 15 Zentren in der Elfenbeinküste und im Benin wurden bis heute behandelt. Das Ziel ist die Rückkehr der Patienten und Patientinnen in die Dörfer und eine Langzeitversorgung mit Psychopharmaka. Der 2003 in Reutlingen gegründete Freundeskreis St. Camille ist ein Zusammenschluss von Privatleuten, der die psychiatrische Arbeit vor Ort unterstützt. Um die psychiatrische Versorgung konkret zu verbessern, reisen Fachkräfte aus der Ärzteschaft und der Pflege wiederholt nach Westafrika.
Die Ausstellung schildert Einzelschicksale in persönlichen Berichten und großformatigen Porträts. Bei dem Projekt handelt es sich um eine Kooperation des genannten Freundeskreises St. Camille mit dem Psychiatriemuseum MuSeele in Göppingen. Vom 16. März 2016 an wird die Ausstellung vom Württembergischen Psychiatriemuseum in Zwiefalten gezeigt. Verantwortlich für das Württembergische Psychiatriemuseum: Dr. Bernd Reichelt. Ausstellungsdauer: 16. März 2016 — 31. August 2016. Ort: Verwaltungsbau des ZfP Südwürttemberg in Zwiefalten.
Foto: Heinz Heiss

 

Kurzbezeichnung: MUSE 23 / Reic 3
Friedrich Pöhler (1867–1921) — Patient und Fotograf
Friedrich Pöhler war einer der ersten Fotografen, die sich im württembergischen Südwesten professionell mit der Herstellung von Porträtaufnahmen und Alltagsfotografie beschäftigten.
Während seiner Berufstätigkeit zwischen 1909 und 1910 in Wilhelmsdorf entstand eine Vielzahl bemerkenswerter Aufnahmen, die das dörfliche und bürgerliche Leben in Oberschwaben zu Beginn des 20. Jahrhunderts eindrucksvoll widerspiegeln. Seit dem frühen Erwachsenenalter psychisch erkrankt, balancierte Friedrich Pöhler auf dem schmalen Grat zwischen der Normalität der Alltagswelt und einer Vielzahl von Aufenthalten in psychiatrischen Anstalten und Kliniken.
Die Ausstellung (26.2.-26.8. 2016) im Haus 1, Ausstellungsgang, des ZfP Reichenau, zeigt sein fotografisches Wirken und gibt erstmals auch einen Einblick in die Biografie dieses Mannes, in sein Ringen um ein selbstbestimmtes Leben, in sein Gefangensein in Krankheit und (klein-)bürgerlichen Konventionen. Gleichzeitig bietet sie einen authentischen Blick auf die zeitgenössische Medizin an der Wende zum 20. Jahrhundert und den Umgang von Ärzten mit ihren Patienten.
Bearbeitung und Kuratierung: Dr. Uta Kanis-Seyfried.
Bearbeitungszeitraum: 2013—2014. Ausstellungszeitraum: 26. Februar — 26. August 2016.

 

Kurzbezeichnung: MUSE 24
„erfasst, verfolgt, vernichtet. Kranke und behinderte Menschen im Nationalsozialismus“
Die seitens der Organisatoren entliehene Wechselausstellung der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN), die in Kooperation mit der Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas und der Stiftung Topographie des Terrors entstanden ist, wurde in den Räumlichkeiten des Neuen Klosters in Bad Schussenried mit Unterstützung des ZfP Südwürttemberg und der Staatlichen Schlösser und Gärten Baden-Württemberg gezeigt. Diese Wechselausstellung des Württembergischen Psychiatriemuseums befasste sich mit dem Schicksal von kranken und behinderten Menschen, die während des Nationalsozialismus Opfer von Ausgrenzung, Zwangsterilisationen und Massenmord unter Beteiligung von Psychiatern, Neurologen, Kinder- und anderen Fachärzten, Verwaltungsfachleuten und Pflegekräften wurden. Bis zu 400 000 Menschen wurden ab 1934 gegen ihren Willen sterilisiert, mehr als 200 000 Menschen aus Heil- und Pflegeanstalten ermordet. Die Ausstellung warf die Frage nach dem Wert des Lebens als Leitlinie auf und beschäftige sich am Beispiel exemplarischer Biographien, die auf der Grundlage von Krankenakten nachgezeichnet wurden, sowohl mit dem tragischen Schicksal der Opfer als auch mit den Tatmotiven der Täter und Tatbeteiligten sowie mit der Haltung der Opponenten. Einen weiteren Schwerpunkt der Ausstellung bildete die Auseinandersetzung mit dem Geschehen von 1945 bis heute.
Verantwortlich für die DGPPN: Prof. Dr. Frank Schneider
Verantwortlich seitens Schlösser und Gärten Baden-Württemberg: Hans-Joachim Moll
Verantwortlich seitens des Württembergischen Psychiatriemuseums: Prof. Dr. Thomas Müller, unter Mitarbeit von Dr. Uta Kanis-Seyfried und Dr. Bernd Reichelt
Ausstellungszeitraum: 08. April — 06. Juni 2017.

 

Kurzbezeichnung: MUSE 25
Künstler-Patienten in Weissenau – (Aus-)Wege und (Selbst-)Verwirklichung
Diese Wechselausstellung des Württembergischen Psychiatriemuseums, die im Foyer des Zentralgebäudes des ZfP Südwürttemberg, Standort Weissenau, präsentiert wurde, portraitiert drei Künstler: Friedrich Pöhler, Gustav Mesmer und August Natterer. Alle drei Künstler waren auch Patienten der ehemaligen Heilanstalt Weissenau. Auf ihre individuelle Art und Weise bereicherten sie die Kunst auf verschiedenen Gebieten. Der Fotograf Friedrich Pöhler fand seine Motive auf der Rauhen Alb und im Oberschwäbischen, der Flugradbauer Gustav Mesmer wurde für seine Flugversuche mit selbst gebauten, kurios anmutenden Gerätschaften sogar auf einer Weltausstellung thematisiert und wurde sehr bekannt und der Maler August Natterer, ein technisch versierter Erfinder, gilt als ein Vorreiter des Surrealismus. Die Ausstellung präsentiert die Biographien der Künstler und zeigt die persönlichkeits- und künstlerisch bedingten Unterschiede zwischen diesen Menschen, sowie auch deren Gemeinsamkeiten, die vor allem auf Erfahrungen mit der zeitgenössischen Psychiatrie zurück zu führen sind.
Verantwortlich für die Ausstellung: Prof. Dr. Thomas Müller, Dr. Uta Kanis-Seyfried
Ausstellungsdauer: 15. März 2017 — 31. Juli 2017.

 

Kurzbezeichnung: MUSE 26
Verwahrlost und gefährdet?
Heimerziehung in Baden-Württemberg 1949-1975

Diese Wechselausstellung des Württembergischen Psychiatriemuseums am Standort Ravensburg-Weissenau wurde vom Landesarchiv Baden-Württemberg zusammen mit dem Beirat der Anlauf- und Beratungsstelle Heimerziehung konzipiert. Sie bietet Einblicke sowohl in den Alltag vieler Kinderheime des bundesdeutschen Raums zwischen 1949 und 1975, als auch in die Gefühlswelten ihrer Bewohnerinnen und Bewohner, den ehemaligen, sogenannten Heimkindern. Zentrale Aspekte der Ausstellung sind das System der Heimerziehung sowie die Rolle der Jugendämter beim Prozess der Heimeinweisung oder die Lebenswelten der Institutionen der Unterbringung selbst. Inhaltlich ergänzt wird die Ausstellung durch die Darstellung des aktuellen Aufarbeitungsprozesses der Geschichte der Heimerziehung. Abschließend erfolgt ein Ausblick in die heutige Heimlandschaft und Jugendhilfe. Die Ausstellung wird am Standort des ZfP Südwürttemberg in Ravensburg-Weissenau von Mitte August bis Mitte Oktober 2017 gezeigt. Sie wird präsentiert vom Württembergischen Psychiatriemuseum am ZfP Südwürttemberg. Kooperationspartner ist das Institut für Soziale Berufe Ravensburg (IFSB).
Kuratierende Leitung am Württembergischen Psychiatriemuseum: Dr. Bernd Reichelt
Verantwortlich für das Württembergische Psychiatriemuseum: Dr. Bernd Reichelt, Prof. Dr. Thomas Müller
Ausstellungsdauer: 10. August bis 18. Oktober 2017
Foto: Landesarchiv Baden-Württemberg, Landeskirchliches Archiv Stuttgart, U 180.

 

Kurzbezeichnung: WEIS 5
„Crimes against criminals are still crimes”. Ethische und medizinhistorische Aspekte des Maßregelvollzugs am Beispiel der in die sog. „Aktion T4“ eingeschlossenen Patienten (AT)
Heute in der Forensischen Psychiatrie behandelte Patientinnen und Patienten stellten in historischer Perspektive eine gesondert stigmatisierte Gruppe unter den Opfern der NS-„Euthanasie“ bzw. der als „T4“ bezeichneten Ermordung von Patienten dar. Hierbei ist zwischen „Justizvollzug“ (Strafvollzug) einerseits und dem seit 1933 verwendeten Begriff „Maßregelvollzug“ zu unterscheiden. Seit der Arbeit von Nikolaus Wachsmann (dt. Fassung, 2006) zum Justizvollzug (Strafvollzug) wird zu Recht angezweifelt, dass im Gegensatz zu den Konzentrationslagern in den Gefängnissen der Nationalsozialisten ‚Recht und Ordnung’ geherrscht hätten und die Inhaftierten dort rechtmäßig untergebracht worden seien. Mitunter war das Gegenteil der Fall („Crimes against criminals are still crimes“). Dieses Weissenauer Forschungsprojekt in Kooperation mit dem Hanse-Klinikum Stralsund stellt einen interregionalen Vergleich zur Untersuchung der ethischen Problematik und den historischen Gegebenheiten im „Maßregelvollzug“ dar. Während der Bereich Justizvollzug (Strafvollzug) inzwischen untersucht wird, stellt der Maßregelvollzug bzw. die hiervon betroffenen Personen weiterhin eine bisher vernachlässigte Gruppe von Opfern des Nationalsozialismus dar. Das Projekt fragt darüber hinaus nach Implikationen der sich ergebenden Forschungsergebnisse für die aktuelle Forensische Psychiatrie. Am deutschen Justizvollzug (Strafvollzug) nach 1933 konnte gezeigt werden, wie schnell sich die Justiz mit den neuen Machthabern nicht allein arrangierte, sondern sich zunehmend in Vorwegname des Führerwillens übte und konsequent an der Auflösung des rechtlichen Normengefüges arbeitete. Im hier beschriebenen Projekt wird zu sehen sein, inwieweit ärztliche Akteure und Mitarbeiter des Gesundheitswesens strukturbildende gesetzliche und versorgerische „Maßnahmen“ initiiert hatten. Im Fokus dieser interregionalen Untersuchung steht darüber hinaus das Schicksal derjenigen Patientinnen und Patienten, bei denen im „Merkblatt“ zum „Meldebogen T4“ zwar nicht direkt nach „Gewaltbereitschaft“ in der Vorgeschichte gefragt wurde, die jedoch als sog. „kriminelle Geisteskranke" behandelt worden sind.
Kooperationspartner: Dr. Dr. Michael Gillner/Dr. Frank Orlob/Dr. Jan Armbruster (Stralsund, Mecklenburg-Vorpommern); Dr. Michael von der Haar (Bad Rehburg, Niedersachsen). Betreuung: Dr. Udo Frank, Priv.-Doz. Dr. Thomas Müller (ZfP Südwürttemberg/Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie I Universität Ulm); Bearbeitung: derzeit Bearbeitung ausgesetzt.

 

Kurzbezeichnung: EUROPA 2
Transnational Psychiatries. Social and cultural histories of psychiatry in comparative perspective, c. 1800—2000
This collection will be of particular interest to scholars in the history of psychiatry, psychoanalysis and psychotherapy and the sociology of health and illness. Because of its interdisciplinary approach and international vantage point, it will also appeal to colleagues in disciplines such as history of medicine widely conceived, medical anthropology, social geography, and social policy – in Britain, Continental Europe as well as in the United States and Australasia. Currently there is no such wide-ranging yet thematically and methodologically focused volume in the field.
The book focuses on psychiatry and mental health and illness in relation to 13 countries (Australia, New Zealand, Fiji and the Pacific, India, Germany, Austria, Switzerland, Belgium, France, England, Serbia, the United States of America, Japan). It provides an extensive assessment of the development of psychiatry, psychoanalysis and psychotherapy on four continents, covering themes that range from psychiatry’s colonial world to issues of knowledge transfer between competing European nation states; professional competition over new therapeutics; the impact of political events and warfare on psychiatric textbooks; the diversification of psychotherapeutic practices and re-emerging forms of patient care; anti-psychiatry’s impact on scientific debates; and the forced and planned starvation of psychiatric patients under war time conditions. Each of these themes will be approached from an inherently comparative and transnational perspective, which means that no mere lip service is paid to a comparative methodology by simply collating a selection of chapters on diverse countries in one volume under the label ‘comparative’. The comparative element is an integral part of each single chapter, rather than leaving it up to the reader to compare particular issues highlighted in different chapters.
Projekt: Forschungsprojekt zur freien Publikation. Kooperationspartner: Prof. Dr. phil. Waltraud Ernst Department of History, School of Arts and Humanities, Oxford Brookes University, Oxford/England, Priv.-Doz. Dr. Thomas Müller. Veröffentlichung: Oktober 2010.

 

Kurzbezeichnung: EUROPA 3
Wissenstransfer und Kulturpolitik in deutsch-türkischer Perspektive, ca. 1920—1950
Die Forschungskooperation zwischen der Abteilung für Geschichte und Ethik in der Medizin an der Medizinischen Fakultät der Universität Istanbul und und dem hiesigen Forschungsbereich bezieht sich auf die Geschichte der Migration deutschsprachiger Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in die Türkei, sowie dem hiermit einhergehenden Wissenstransfer und dem Aufbau bilateraler Beziehungen zwischen diesen Staaten. Ein Schwerpunkt liegt auf der Berufsgruppe der Ärztinnen und Ärzte, ist jedoch nicht streng auf diese begrenzt. Andere akademische Felder wiesen für den Wissens- und Wissenschaftstransfer zwischen diesen beiden Staaten ebenfalls eine hohe Relevanz auf. Interdisziplinäre Überschneidungen in Bezug auf den medizinischen und andere wissenschaftliche Bereiche ergaben sich aus biographischen und infrastrukturellen Gründen. Einen quantitativ bedeutsamen Anteil dieser Immigranten in die Türkei stellen diejenigen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler dar, deren Emigration aus dem deutschsprachigen Raum erzwungen war bzw. bei der es sich um eine Flucht, nicht jedoch eine geplante Migration handelte. Dies betraf wesentlich jüdische und/oder politisch verfolgte Wissenschaftler in den 1930er und 1940er Jahren. Aus nahe liegenden Gründen steht in Bezug auf dieses Projekt aus türkischer Perspektive und in zeitlicher Hinsicht die Phase des Aufbaus eines säkularen Staates unter Kemal Atatürk im Zentrum der Aufmerksamkeit.
Projekt: Forschungsprojekt zur freien Publikation. Kooperationspartner: Univ.-Doz. PD Dr. phil. Arýn Namal, Abteilung für Ethik und Geschichte der Medizin, Medizinische Fakultät Istanbul der Universität Istanbul, Prof. Dr. Thomas Müller. Bearbeiter: N.N. Projektierter Bearbeitungszeitraum: 2010—2016.

 

Kurzbezeichnung: EUROPA 5
„Kleiner Grenzverkehr“. Transnationale Beziehungen in der Psychiatrie der Bodenseeregion. 18601970
Der Bodenseeraum mit seinen drei Anrainerstaaten weist ebenso interessante Gemeinsamkeiten in der psychiatrischen Entwicklung auf wie wesentliche Unterschiede. Im Projekt EUROPA 5 sind zeitgenössische Diskurse, Praktiken und Phänomene Gegenstand der Forschung. Hierzu gehören Themen, wie der Umgang mit Wilhelm Griesingers Forderungen nach einer offenen Versorgung, die Beziehungen zwischen sich entwickelnden psychotherapeutischen Schulen und zugehörigen Einrichtungen, die Entwicklungen der Reformpsychiatrie der 1920er Jahre, die Stellung zu politischen Entwicklungen wie der nationalsozialistischen Psychiatrie in Deutschland und Österreich oder der Umgang mit neuen therapeutischen Verfahren (Rorschach-Test, die „Entdeckung“ des Imipramin in Münsterlingen usw.). Synergieeffekte mit und Querverbindungen zu den Projekten REIC 1 und REIC 2 sind projektiert.
Organisation: Prof. Dr. Thomas Müller, Ravensburg. Dr. Gerhard Dammann (1963-2020), ehem. Münsterlingen. Prof. Dr. Klaus Hoffmann (ehem. Reichenau).
seinerzeitige Kooperationspartner und Mitarbeiter: Dr. Bernhard Grimmer (Dr. Simone Bley (Münsterlingen),  Ralf Rosbach (Reichenau), Dr. Cornelia Thaten (Münsterlingen), Prof. Dr. Henning Wormstall (Schaffhausen), Prof. Dr. Albrecht Hirschmüller (Tübingen), Dr. Jörg Püschel (Schaffhausen), Dr. Heinz Faulstich (1927-2014) ehem. Reichenau.

 

Kurzbezeichnung: BERL 2
Eingriffe in das Selbstbestimmungsrecht des Patienten. Juristische Entscheidungen, Rechtspolitik und ärztliche Positionen (18901960)
Die Arbeit befasst sich mit der Entwicklung des Selbstbestimmungsrechts des Patienten, d.h. der Geschichte des Informed Consent-Konzeptes. In der Dissertation werden über einen Zeitraum von etwa 70 Jahren (18901960) fünf, sich zum Teil überlappende Bereiche untersucht: Der Diskurs innerhalb der Ärzteschaft, die Diskussionen in der medialen Öffentlichkeit sowie die Entwicklungen in Rechtstheorie, Judikatur und Rechtspolitik. Die Arbeit zeigt unter anderem, dass die (zum Teil heute noch existierenden) Differenzen zwischen einem großen Teil der Ärzteschaft und einer Rechtsprechung, die dem Selbstbestimmungsrecht einen hohen Stellenwert beimisst, bereits seit dem Kaiserreich bestehen. Insgesamt lässt sich feststellen, dass es vor allem Vertreter des politischen Liberalismus und Anhänger der Naturheilkunde waren, die das Selbstbestimmungsrecht zu stärken versuchten. Die Auseinandersetzungen um Patientenrechte blieben jedoch insgesamt ein marginaler gesellschaftlicher Diskurs, da ärztlicher Paternalismus in einen gesellschaftlichen Kontext mit autoritär strukturierten Denk  und Verhaltensweisen eingebettet und über weite Zeiträume allgemein akzeptiert war.
Bearbeiter: Noack, Thorsten; Betreuer: Priv.-Doz. Dr. Thomas Müller (Universität Ulm/Charité Berlin) und Prof. Dr. Rolf Winau (19372006), ehemals Charité Berlin.
Projekt abgeschlossen.

 

  •    courtesy of R. Cohen

Kurzbezeichnung: BERL 4
Leben und Werk der Psychiaterin und Psychoanalytikerin Dr. med. Edith Weigert-Vowinckel (18941982)
Edith Weigert-Vowinckel (geb. 1894 in Düsseldorf, gest. 1982 in Chevy Chase) arbeitete nach ihrem Medizinstudium als Assistentin an der Psychiatrischen und Neurologischen Klinik der Charité unter Karl Bonhoeffer und absolvierte parallel dazu ihre psychoanalytische Ausbildung am BPI. Ihr Lehranalytiker war Carl Müller-Braunschweig. Sie wurde 1928 Mitglied der DPG und arbeitete zwei Jahre als Assistenzärztin an der ersten psychoanalytischen Klinik Sanatorium Schloss Tegel in Berlin unter der Leitung Ernst Simmels. Sie heiratete 1932 Oskar Weigert, einen Jurist jüdischer Herkunft, und bekam einen Sohn. Im Zuge der Vorstandsumbildung 1933 wurde sie als Nicht-Jüdin Lehranalytikerin und Dozentin des Instituts, wenig später auch Vorstandsmitglied der DPG. 1935 emigrierte sie mit ihrer Familie in die Türkei, wo sie – angeblich als erste Psychoanalytikerin überhaupt in diesem Land – privat praktizierte. 1938 emigrierte sie in die USA, wurde Mitglied der Washington-Baltimore Psychoanalytic Society, arbeitete zunächst zwei Jahre an der psychiatrischen Klinik Sheppard and Enoch Pratt und eröffnete dann ab 1940 eine private Praxis in Chevy Chase. An der Entwicklung der örtlichen psychoanalytischen Institutionen war sie in verschiedenen zentralen Positionen maßgebend mitbeteiligt. Inhaltlich stand sie mit ihrem Interesse für die Psychotherapie der Schizophrenie und der Fokussierung auf interpersonale Prozesse den Theorien von Harry Stack Sullivan und Frieda Fromm-Reichmann nahe.
Bearbeiterin: Holmes, Maren; Betreuer: Priv.-Doz. Dr. Thomas Müller (Universität Ulm/ZfP Südwürttemberg/Charité Berlin) und Prof. Dr. R. Seidel (Institut für Psychologie, Freie Universität Berlin).
Projekt abgeschlossen.

 

Kurzbezeichnung: BERL 7
Leben und Werk der Psychoanalytikerin Paula Heimann (18991982)
Das Forschungsprojekt bezieht sich auf das Lebenswerk einer renommierten Psychoanalytikerin, die darüber hinaus für den bundesdeutschen Nachkriegskontext substantiellen Einfluss nahm. International bekannt wurde Paula Heimann vor allem aufgrund des von ihr entwickelten Verständnisses der Gegenübertragung als Forschungsinstrument für die unbewussten Prozesse des Patienten. Anhand der Aufarbeitung des Lebenswegs der Analytikerin soll die Entwicklung ihres psychoanalytischen Denkens nachvollzogen werden, um die Besonderheit ihres Beitrages zur psychoanalytischen Theoriebildung, und darüber hinaus zum psychoanalytischen Selbstverständnis bis heuteherauszuarbeiten. Im Zentrum der Aufmerksamkeit stehen die erzwungene Emigration Heimanns aus dem national-sozialistischen Deutschland, die beruflichen Konsequenzen dessen, sowie Leben und Arbeit im Londoner Exil. Heimanns Arbeitsbeziehung zu Melanie Klein, ihre Position als sog. „Kronprinzessin“ Kleins, sowie die spätere Abspaltung von kleinianischem Denken verdient hier besonderes Interesse. Obschon Heimann zeitlebens in England blieb, gilt es, ihre „Remigration“ ins bundesrepublikanische Deutschland, im Sinne ihres theoretischen, institutionspolitischen und persönlichen Einflusses, u.a. als Lehranalytikerin von Alexander Mitscherlich und Mentorin des Frankfurter Instituts zu untersuchen. Heimanns Bedeutung für die Re-Etablierung der Psychoanalyse in der Bundesrepublik wird hierdurch erfassbar.
Bearbeiterin: Maren Holmes; Betreuer: Prof. Dr. Thomas Müller (Universität Ulm, ZfP Südwürttemberg/Charité Berlin)
Projektierter Bearbeitungszeitraum: 2008–2014. Projekt fertiggestellt 2014, akademische Begutachtung 2015. Abgeschlossen "summa cum laude", Charité Berlin, Novmeber 2015.

 

Kurzbezeichnung: BERL 8
Die Zeit der Psychoanalyse. Lacan und das Problem der Sitzungsdauer
Mit seiner berühmt-berüchtigten Handhabung der Dauer psychoanalytischer Sitzungen verstieß Jacques Lacan gegen die Standards der International Psychoanalytic Association (IPA), wonach psychoanalytische Sitzungen exakt 50 Minuten zu dauern haben. Lacan sah darin nichts als einen Formalismus, da sich die Redekur am Inhalt der Rede des Patienten und nicht an der Uhr orientieren sollte. Nicolas Langlitz untersucht diese umstrittene technische Neuerung des französischen Psychoanalytikers vor dem Hintergrund von Lacans Konzeption der Zeitlichkeit des Subjekts. Anhand einer Fülle von Bezügen und Materialien aus Philosphie und Wissenschaftsgeschichte sowie aus der Geschichte der Medizin und der Psychoanalyse entfaltet das Buch dabei nicht nur eine spannende Geschichte der psychoanalytischen Behandlungstechnik, sondern erschließt Lacans anspruchsvolles theroretisches Werk von dessen Praxis her.
Bearbeiter: Langlitz, Nick; Betreuer: Priv.-Doz. Dr. Thomas Müller (Universität Ulm/Charité Berlin) und Prof. Dr. Dr. Rolf Winau (19372006), ehemals Charité Berlin.
Projekt abgeschlossen. Publikation: Suhrkamp Taschenbuch Wissenschaft, Frankfurt, 2005, ISBN: 3-518-29357-5

 

Kurzbezeichnung: BERL 9
„Wie ein Schiffbrüchiger in seinem Bett…“. Die Insulin-Koma-Therapie. Erfindung und Einführung einer neuen Behandlungsmethode. Eine Untersuchung der Diskussion in psychiatrischen Fachzeitschriften aus den Jahren 19251937
Der Insulinschock wurde Ende der 20er Jahre des letzten Jahrhunderts entwickelt. Mit hohen Dosen Insulin wurden psychiatrische PatientInnen ins Koma versetzt und anschließend mit Zucker wieder geweckt. Das Verfahren war aufwendig und für die Betroffenen extrem qualvoll und gefährlich. 1937 setzte man es in allen deutschen Universitätskliniken ein.
Therese Walther untersucht Theorien psychischer Krankheit, das Menschenbild der Wissenschaftler sowie die Vorstellungen über die Wirkungsweise des Insulinschocks. Die Auswertung von Patientenakten und Berichten Betroffener läßt die Grenze zwischen Menschenexperiment und psychiatrischer Therapie verschwimmen. Die Arbeit schließt mit einem Überblick der Anwendung des Verfahrens nach 1945.
Die Insulin-Koma-Behandlung – Erfindung und Einführung des ersten modernen psychiatrischen Schockverfahrens« erschien 2000 in erster Auflage im Antipsychiatrieverlag. Bei der Neuausgabe handelt es sich um eine korrigierte und aktualisierte Fassung.
Bearbeiterin: Walther, Therese; Betreuer: Prof. Dr. Manfred Zaumseil (Institut für Psychologie, Freie Universität Berlin; Priv.-Doz. Dr. Thomas Müller (Universität Ulm/Charité Berlin) und Prof. Dr. Dr. Rolf Winau (1937–2006), ehemals Charité Berlin.
Projekt abgeschlossen. Publikation: Peter Lehmann Antipsychiatrieverlag.

 

Kurzbezeichnung: REIC 1
Die Großherzoglich Badische Heil- und Pflegeanstalt bei Konstanz 19132013
Im Projekt REIC 1 liegt ein Schwerpunkt der Forschung einerseits auf der Forschungslücke in Bezug auf die 1920er und frühen 1930er Jahre, in denen sich die Reichenau durch therapeutische Innovationen (Thumm, Römer) auszeichnete. Ein anderer widmet sich der  Zeit nach 1945, insbesondere im Hinblick auf die Frage, wie die Reichenau im Kontext der baden-württembergischen Entwicklung in den 1950er und 1960er Jahren (Betten-, Personalmangel, Projekt „Neubau“) mit dem Anspruch einer modernen, westeuropäischen Psychiatrie umging. Das Projekt erfolgt vor dem Hintergrund und in Einbeziehung der bereits erschienenen Publikationen zur Geschichte der Einrichtung.
Projekt: Drittmittelgefördertes Forschungsprojekt. Bearbeiter: Priv.-Doz. Dr. Thomas Müller, N.N.
Projektierter Bearbeitungszeitraum: Zurzeit nicht in Bearbeitung.

 

Kurzbezeichnung: SCHU 1
‘Inside and outside the walls of the asylum […]’. Die Heilanstalt Schussenried, ihre Patientinnen und Patienten und die anti-psychiatrische Debatte im Deutschen Reich (ca. 18751900)
Die Heilanstalt Schussenried ist eine der ältesten Anstaltsgründungen im ehemaligen Königreich Württemberg und nahm im Jahre 1875 ihre Funktion auf. Die zentrale Anlage der Anstalt fand bei ihrer Gründung im Gebäudekomplex des örtlichen Prämonstratenserklosters Aufnahme, das im Zuge der Mediatisierung in den Besitz des Landes übergegangen war. Zunächst schien die Großanlage eine ideale Nutzung als Anstalt des Königreichs zu erlauben. Die Gründung der Anstalt veränderte das Leben der kleinen Gemeinde Schussenried nachhaltig, auch vor dem Hintergrund einer gewissen Industrialisierung. Im Rahmen der auswertbaren Quellen steht eine hauseigene Zeitschrift im Mittelpunkt, die „Schallwellen“, publiziert von 1897 bis 1936. Diese Zeitschrift erweist sich als reichhaltige Quelle zur Aufarbeitung der Institutionsgeschichte. Ursprünglich zur Unterhaltung von Personal und Patienten ins Leben gerufen, diente sie bald auch der intendierten Übermittlung eines idealisierten Bilds von der Einrichtung an die Allgemeinbevölkerung der Region. In dieser Schrift präsentierte sich die Anstalt als in ihrer Zeit modernes Krankenhaus, während der Inhalt deutlich und weniger beabsichtigt die Entwicklung der Zeit widerspiegelt, von den 1890er Jahren bis in die Gesundheitsgesetzgebung der nationalsozialistischen Behörden hinein. Das lokale Paradox einer Anstalts-„Bevölkerung“ (bestehend aus Patienten und Personal), die die Umgebungskultur jenseits der Anstaltsmauern mithilfe eines bildungsbürgerlichen Mediums prägt und unterhält, wurde bereichert durch die Beiträge gebildeter und kreativer Patientinnen und Patienten. Diese Dynamik spiegelt sich u.a. in den Beiträgen eines regional sehr bekannten Dichters und Schriftstellers wieder, der das Zusammenspiel von Anstalt und Gemeinde bzw. deren Bewohnern zum Gegenstand seines bekanntesten Romans machte (Wilhelm Schussen, 1908).
Projekt: Forschungsprojekt, freie Publikationen. Bearbeiter: Frank Kuhn, Priv.-Doz. Dr. Thomas Müller.
Projektergebnisse veröffentlicht. Bearbeitungszeitraum: 2007—2012.

 

Kurzbezeichnung: WEIS 4
Leben und Werk der Psychoanalytikerinnen Berta Bornstein (18961971) und Stefanie (Steff) Bornstein-Windholzova (18911939). Wissen(-schafts-)wandel durch erzwungene Migration
Gegenstand des Forschungsprojekts ist die Doppelbiographie zweier in Krakau geborener Schwestern, die eine Ausbildung zur Lehrerin einerseits sowie zur Psychoanalytikerin andererseits verband. Die Familie übersiedelte von Krakau nach Berlin, wo die beiden Schwestern mit zwei Brüdern aufwuchsen. Berta Bornstein arbeitete zunächst in der Sozialfürsorge, absolvierte eine Ausbildung zur Lehrerin und arbeitete an einer Schule für schwererziehbare Kinder. Am Berliner Psychoanalytischen Institut absolvierte sie ihre psychoanalytische Ausbildung. Aufgrund ihres Interesses an der Kinderanalyse wechselte sie 1929 zu Anna Freud nach Wien. Ihr Ehemann starb wenige Jahre nach der Heirat. Aufgrund der politischen Entwicklung emigrierte sie 1938 in die USA. In New York wurde sie eine renommierte Spezialistin und Ausbilderin im Bereich der Kinderpsychoanalyse.
Die Lehrerin und Fürsorgerin Steff Bornstein absolvierte ihre psychoanalytische Ausbildung ebenfalls am Berliner Institut. Sie interessierte sich für pädagogische Fragestellungen, auch im Sinne der Disposition und Ausbildung von Erzieherinnen. 1933 emigrierte sie ebenfalls, jedoch nach Prag, wo sie im Rahmen der Tätigkeit der dortigen psychoanalytischen Studiengruppe ein einschlägiges Seminar als Ausbilderin leitete. Im Zuge der politischen Entwicklungen in Mitteleuropa heiratete sie 1937/38 für wenige Monate den jüdisch-tschechischen Psychiater Emmanuel Windholz, um die tschechische Staatsbürgerschaft zu erhalten, mithilfe derer sie die Flucht in die USA anzutreten gedachte. Sie konnte jedoch nicht mehr ausreisen und starb offenbar an einem Herzinfarkt. Als Töchter einer jüdischen Kaufmannsfamilie waren beide mit dem Beginn der nationalsozialistischen Expansionspolitik existentiell bedroht und erlitten ein ungleiches Schicksal. Insbesondere wird die Tätigkeit der beiden in den innovativen europäischen Instituten und psychoanalytischen Zirkeln Gegenstand der Arbeit sein, wie auch im Falle Berta Bornsteins ihre wissenschaftliche Aktivität in den USA.
Forschungsprojekt: Akademische Qualifikationsarbeit: Betreuung: Priv.-Doz. Dr. Thomas Müller.
Zur Zeit ist die Bearbeitung des Themas ausgesetzt.

 

Kurzbezeichnung: WEIS 7
Geschichte und Gegenwart von Zwangsmassnahmen in der Psychiatrie. Die klinische und symbolische Bedeutung des sog. Käfigbetts im europäischen Vergleich. (AT)
In diesem Forschungsprojekt wird zunächst ein aktueller Stand der Anwendung der Zwangsmassnahme „Käfigbett“ in der Psychiatrie erarbeitet, die in einigen europäischen bzw. auch EU-Staaten zur Vergangenheit gehört, in anderen noch immer angewendet wird und deren Indikation in vielen Kontexten zu engagiert geführten Diskussionen geführt hat und weiterhin führt. Interessant an diesem Forschungs-Gegenstand ist darüber hinaus seine emblematische Bedeutung in der (Geschichte der) Psychiatrie: Auf Zwangsmassnahmen von der Art des sog. Käfigbetts beziehen sich psychiatriekritische Äußerungen aus der Ärzteschaft, seitens der Vertreter des Rechts und der Anliegen der Patienten, wie auch aus der übrigen Zivilgesellschaft, regelmäßig und bevorzugt. Historisch sind Beziehungen zwischen dem Aspekt der Zwangsmassnahmen und den historischen anti-psychiatrischen Bewegungen des 19. und des 20. Jahrhunderts herstellbar.
Projekt: Akademische Qualifikationsarbeit. Bearbeitung: N.N. Betreuung: Priv.-Doz. Dr. Thomas Müller, Prof. Dr. Tilman Steinert.
Projektbearbeitung zurzeit ausgesetzt.

 

Kurzbezeichnung: WEIS 8
Zwangssterilisationen im ehem. Heilig-Geist-Spital Ravensburg (vor 1945)
Auf Basis des im Januar 1934 in Kraft tretenden „Gesetzes zur Verhütung erbkranken Nachwuchses“ vom 14. Juli 1933 wurden im gesamten Deutschen Reich nach aktuellem Stand circa 360.000 Sterilisierungen an Menschen beiderlei Geschlechts vorgenommen, deren Fortpflanzung auf Basis damaliger Vorstellungen unerwünscht war, und die im Falle der Weigerung der Betroffenen auch mit Zwang umgesetzt wurden. In großer Zahl wurden solche Zwangssterilisierungen an psychisch Kranken und geistig behinderten Menschen vorgenommen, wie sie in den 1930er und 1940er Jahren in Einrichtungen wie der damaligen Heilanstalt Weissenau, dem St. Gertrudisheim Rosenharz sowie der damaligen sog. Taubstummenanstalt Wilhelmsdorf untergebracht waren. Auch ethnisch oder „rassisch“ verfolgte Menschen wurden zwangssterilisiert, so unter anderem in Ravensburg lebende Sinti und Roma. Während der Zeit des Zweiten Weltkriegs wurden in städtischen Einrichtungen der Stadt Schwangerschaftsabbrüche an sogenannten Zwangsarbeiterinnen vorgenommen. Viele dieser Zwangsmaßnahmen wurden in städtischen Einrichtungen der Stadt, so zum Beispiel an nach aktuellem Stand 602 Personen im damaligen städtischen Krankenhaus „Heilig-Geist-Spital“ durchgeführt. Im beschriebenen Projekt soll einerseits ein erster Forschungsstand zu diesen Maßnahmen auf Basis der Auswertung von Kranken- und Versorgungsakten der betreffenden Einrichtungen erarbeitet werden und andererseits eine im öffentlichen Raum sichtbare, eventuell künstlerische Symbolisierung dieser medizinischen Verbrechen zum Zweck der Erinnerung und des Gedenkens der Opfer geschaffen werden.
Projekt: 1. Publikation der Forschungsergebnisse in freien Beiträgen / 2. Schaffung eines Mahnmals zur Erinnerung an die Opfer der Zwangssterilisation
Bearbeiter: Marc Spohr, M.A. Ansprechpartner im ZfP Südwürttemberg: Prof. Dr. Thomas Müller. Kooperationspartner: Ralph Zodel (Geschäftsführer, Stiftung Heilig-Geist-Spital); Dr. Franz Schwarzbauer (Kulturamtleiter Ravensburg); Dr. Andreas Schmauder(Leiter des Stadtarchivs Ravensburg).
Projektierter Bearbeitungszeitraum: 2013—2016.

 

Kurzbezeichnung: WINN 1
Wissenstransfer in der Psychiatrie. Albert Zeller und die Psychiatrie Württembergs im 19. Jahrhundert
Gegenstand der Forschung im Projekt WINN 1 ist die Heilanstalt Winnenden unter der Direktion von Albert Zeller (18041877). Einzelne Schwerpunkte sind u.a.: Die Arbeitsbeziehung zwischen Ludwig Binswanger und Albert Zeller und die Modellfunktion, die Winnenden für die von Binswanger geleiteten Einrichtungen hatte; die psychiatrischen Studienreisen Albert Zellers in vergleichender Perspektive; Zellers zugehörige Reiseberichte als mentalitätsgeschichtliche Quelle; der Psychiatriealltag zur Zeit Albert Zellers aus der Patientenperspektive.
Projekt: Forschungsprojekt mit dem Ziel der Publikation eines Sammelbands. Bearbeitung: Frank Kuhn, Dr. Angela Roth, Prof. Dr. Albrecht Hirschmüller, Martin Rexer, Priv.-Doz. Dr. Thomas Müller (Hrsg.).
Projekt abgeschlossen.

 

Kurzbezeichnung: ZWIE 3
Die Behandlung geistig behinderter Menschen in der Münsterklinik Zwiefalten über zwei Jahrhunderte
Untersucht werden Patienten der Münsterklinik Zwiefalten mit geistiger Behinderung und ggf. zusätzlicher psychischer Erkrankung. Hierzu werden exemplarisch 150 Akten aus dem Zeitraum 18121982 systematisch ausgewertet. Neben soziodemografischen Daten werden Behandlungsvariablen wie Liegedauer, Art der Behandlung usw. aus den Grunddaten extrahiert. Der Fokus liegt auf der Beschreibung des Wandels, der sich im Verständnis dieses Störungsbildes vollzogen hat, sowie des Wandels der Rolle der psychiatrischen Krankenhäuser bei der Behandlung dieser Patienten.
Projekt: Akademische Qualifikationsarbeit: Bearbeiter: Francisca Kurz. Betreuung: Prof. Dr. Gerhard Längle, Priv.-Doz. Dr. Thomas Müller. Koordination: Daniela Croissant. Projekt fertiggestellt / Ergebnisse publiziert.
Bearbeitungszeitraum: 2008—2012.

 

Kurzbezeichnung: ZWIE 4
Woher und wohin: Vorgeschichte und Nachsorge von schizophrenen Patienten der Münsterklinik Zwiefalten von 18121982
An jeweils repräsentativen Stichproben aus Zehnjahreszeiträumen werden die Aufnahmen und Entlassungen von Patienten untersucht. Focus ist die Art der Zuweisung und die Herkunft der Patienten sowie die Art der Vorbereitung von Entlassung und die Nachsorge. Ein weiterer Aspekt ist die Entwicklung der psychiatrischen Versorgungsstruktur außerhalb der Klinik. Zu Grunde gelegt wird zum einen der gesamte erfasste Datensatz der Aktendokumentation sowie, sobald verfügbar, die Basisdokumentation der Klinik.
Projekt: Akademische Qualifikationsarbeit: Bearbeiter: Susanne Fischer. Betreuung: Prof. Dr. Gerhard Längle, Priv.-Doz. Dr. Thomas Müller. Koordination: Daniela Croissant.
Projekt fertiggestellt /Ergebnisse publiziert. Bearbeitungszeitraum: 2008—2012.

 

Kurzbezeichnung: ZWIE 7
Zwiefalter Patienten in der Selbstperspektive. Eine Analyse psychiatrischer Krankenakten im Zeitraum von 1937 bis 1984
In diesem Projekt stehen sog. Ego-Dokumente im Vordergrund. In der noch immer vergleichsweise jungen Tradition der „history from below“ (Roy Porter) soll die Perspektive der Patientinnen und Patienten in den Blickwinkel genommen werden. Klassische Quellen können in diesem Projekt neben Krankenakten auch Akteneinlagen wie Briefe oder Postkarten sein, jedoch auch Malereien und andere Ego-Dokumente, wie sie aus der „Prinzhorn-Sammlung“ bekannt sind. Im deutschsprachigen Raum liegen zu dieser Forschung bereits Arbeiten vor, ohne dass dieser Themenbereich hinsichtlich der Zwiefalter Archivlage bearbeitet ist.
Projekt: Akademische Qualifikationsarbeit: Bearbeiter: Martin Höhn. Betreuung: Prof. Dr. Thomas Müller, Prof. Dr. Gerhard Längle.
Projektierter Bearbeitungszeitraum: 2010—2016. Projekt 2015 eingereicht. Zurzeit in Begutachtung.

 

Kurzbezeichnung: ZWIE 11
Die Entwicklung der psychiatrischen Nosologie und Klassifikation im 20. Jahrhundert sowie die hiermit verbundenen Menschenbilder
In diesem Projekt soll dargestellt werden, wie sich die psychiatrische Nosologie und Klassifikation und damit verbunden die Betrachtungsweise der behandelnden Ärzte im Laufe des 20. Jahrhunderts verändert hat. Der Schwerpunkt wird hierbei auf den Veränderungen der Konzepte zum Krankheitsbild Schizophrenie liegen. In der Arbeit soll zunächst auf die Entwicklung der psychiatrischen Nosologie im 20. Jahrhundert eingegangen werden und vor allem die mit den jeweiligen Konzepten verbundenen Menschenbilder dargestellt werden. Eng verbunden mit der Nosologie ist die Erstellung von Klassifikationsschemata, die im 20. Jahrhundert einen vorläufigen Höhepunkt erreichte. Deshalb soll die Historie der verschiedenen Klassifikationssysteme ebenfalls kurz umrissen werden. In einem statistischen Teil werden die Veränderungen in den Häufigkeiten der behandelten Störungsbilder abgebildet. Grundlage dieser Betrachtung sind die Akten der Inventarbestände B und C der Münsterklinik Zwiefalten, d.h. Geburtsjahrgänge nach 1900, die bis spätestens 1984 in der Münsterklinik aufgenommen wurden. Es werden Querschnittsanalysen in 10-Jahres-Intervallen, oder, sofern in der Zwischenzeit ein neues Klassifikationsschema eingeführt wurde, auch zu diesen Zeitpunkten, vorgenommen und die Veränderungen der Häufigkeiten der Störungsbilder im Quer- und im Längsschnitt dargestellt. In einem qualitativ-deskriptiven Teil sollen zur Darstellung der Veränderungen ebenfalls Querschnittsanalysen vorgenommen werden und die zu diesem Zeitpunkt geltenden Konzepte anhand der Betrachtung von Einzelakten dargestellt werden. Besondere Beachtung sollen hierbei die mit den Konzepten verbundenen Menschbilder finden.
Projekt: Akademische Qualifikationsarbeit: Bearbeiterin Dipl. Psych. Daniela Croissant Betreuung: Prof. Dr. Gerhard Längle, Priv.-Doz. Dr. Thomas Müller.
(Projekt zur Zeit ausgesetzt)

 

Kurzbezeichnung: ZWIE 12
Die Erhebung der Belegungszahlen bis 1933 unter Einbeziehung der zeitgenössischen Klassifikationen der Krankheitsdiagnosen
Anhand der Hauptbücher, der Jahresberichte und der stationsbezogenen Belegungslisten soll eine Gesamtübersicht der jährlichen Belegungszahlen erstellt werden. Die in der Literatur angeführten Belegungszahlen weichen voneinander ab und geben bis zur Wende vom 19. ins 20. Jahrhundert keinen oder wenig Aufschluss über die Krankheitsbilder der Patienten. Die Berücksichtigung der Krankheitsbilder kann Aufschluss geben über die Phasen der wechselvollen Geschichte als Pflege-, reine Heil- oder gemischte Heil- und Pflegeanstalt Zwiefalten. Der Status des Hauses hatte der aktuellen Arbeitshypothese zufolge weitreichende Folgen für die Zuwendung finanzieller Mittel und Einführung neuer Behandlungsformen.
Projekt: Forschungsarbeit zur freien Publikation. Bearbeiter: Bodo Rüdenburg. Koordination: Daniela Croissant.
(Projekt zur Zeit ausgesetzt)

 

Kurzbezeichnung: ZWIE 13
Die Ermittlung des Charakters der Anstalten, aus denen Patienten überwiesen und in die sie entlassen wurden
Behandelt werden sollen in diesem Projekt u.a. Fürsorgeeinrichtungen, Pflegeheime, sowie andere Heil- und Pflegeanstalten. Die Erhebung der Herkunfts- und Entlassanstalten trägt zur Darstellung der Entwicklung und Spezialisierung der psychiatrischen Versorgung bei. Die geplante Erhebung ermöglicht eine Gesamtübersicht über die einschlägigen gesundheitspolitischen Planungen der Psychiatrie im Königreich Württemberg. Das Projekt wertet die Archivalien zum Medizinalwesen im Hauptstaatsarchiv Stuttgart aus.
Projekt: Forschungsarbeit zur freien Publikation. Bearbeiter: Bodo Rüdenburg. Koordination: Daniela Croissant.
(Projekt zur Zeit ausgesetzt)

 

Kurzbeschreibung: ZWIE 14
Klinikspaziergang Münsterklinik Zwiefalten
Gegenstand dieses Projekts ist die Gestaltung eines medizinhistorischen und modernen Klinikspaziergangs auf dem Gelände der Münsterklinik Zwiefalten. Nach Abschluss der notwendigen Forschung zur Institutions-, Medizin- und Sozialgeschichte der Münsterklinik Zwiefalten soll ein Rundweg entstehen, der sowohl über historisch bedeutsame Bauten und Objekte, als auch moderne Elemente in und um die Klosteranlage der Klinik Aufschluss geben soll. Historische Forschungsergebnisse werden auf diese Weise für die Menschen an diesem Ort „übersetzt“, und können so Klinikpersonal, Patienten und deren Angehörigen als Information angeboten werden. Der geplante medizinhistorische Spaziergang wird eine „innere“ sowie eine „äußere“ Tour beinhalten, die durch Zugangsberechtigungen notwenig werden, da Teile des zu begehenden Geländes sich in klinischer Nutzung befinden. Ein mittelfristiges Ziel ist, den Klinikspaziergang im Internet darzustellen, so dass Interessierte ohne Zutritt zur Klinik den Rundweg virtuell „erlaufen“ können.
Projekt: Medizinhistorischer und moderner Klinikspaziergang. Bearbeitung: Leitung: Ralf Aßfalg. Ausarbeitung: Bettina Fath, Heinz Baumeister. Betreuung: Priv.-Doz. Dr. Thomas Müller. Kooperation: Bodo Rüdenburg
Bearbeitungszeitraum: 20082009.

 

Kurzbeschreibung: ZWIE 15/EUROPA 4
Von Südtirol nach Württemberg. Die „Umsiedlung“ Südtiroler Psychiatriepatienten im Rahmen des deutsch-italienischen Optionsvertrags
Gegenstand der Untersuchung sind die Abläufe der Verbringung von Südtiroler Patientinnen und Patienten in die südwürttembergischen Heil- und Pflegeanstalten Zwiefalten und Schussenried, sowie zum Teil nach Weissenau im Jahr 1940. Im Interesse stehen die staatlichen Vorverhandlungen, die sog. Optionsverträge zwischen dem Deutschen Reich und Italien sowie die Behandlung der Südtiroler Patientinnen und Patienten in den Anstalten selbst. Einerseits steht die Frage der Behandlung dieser Patienten im Vergleich zu den einheimischen Patienten zur Debatte. Andererseits ist vor dem Hintergrund des aktuellen Kenntnisstands von einer Ungleichbehandlung (organisatorische, außenpolitische etc.) der Südtiroler Patienten im Vergleich zu den „volksdeutschen Umsiedlern“ aus anderen Regionen bzw. „Streusiedelungen“ im Ausland auszugehen. Die sog. Rückführungen bzw. Verhandlungen zwischen den Rechtsnachfolgestaaten um die Verlegung der Patientinnen und Patienten ab 1945 stellen eine weitere Vergleichsebene dar.
Projekt: Akademische Qualifikationsarbeit der Kooperationspartnerin/erweiterte Forschungsarbeit zur freien Publikation. Bearbeitung: Maria Fiebrandt (TU Dresden) zusammen mit Bodo Rüdenburg und Priv.-Doz. Dr. Thomas Müller. Projektierter Projekt fertiggestellt. Ergebnisse siehe unter „Publikationen“.

 

Kurzbeschreibung: ZWIE 16
Die Behandlung der Krankheitsbilder Depression und Manie in der Münsterklinik Zwiefalten über 200 Jahre
Untersucht werden Patientinnen und Patienten der Münsterklinik Zwiefalten mit den Krankheitsbildern bzw. Symptomkomplexen der Depression und Manie. Hierzu werden 150 exemplarisch ausgewählte Akten aus dem Zeitraum 1812–1982 hinsichtlich eines einschlägigen Frageschemas systematisch ausgewertet, das Wandel in Definition und Nomenklatur der genannten Krankheitsbilder berücksichtigt. Neben soziodemographischen Daten werden Behandlungsvariablen wie Liegedauer, Art der Behandlung etc. aus den Grunddaten extrahiert. Der Focus liegt auf der Beschreibung des Wandels, der sich im Verständnis dieses Störungsbildes über den Untersuchungszeitraum hin vollzogen hat.
Projekt: Akademische Qualifikationsarbeit: Bearbeiter: Dieter Becker. Betreuung: Priv.-Doz. Dr. Thomas Müller, Prof. Dr. Gerhard Längle. Koordination: Daniela Croissant.
Projekt fertiggestellt und publiziert. 2008—2012.

 

Kurzbeschreibung: ZWIE 17
Posttraumatische Belastungsstörung bei Soldaten des Ersten und Zweiten Weltkrieges
Die aktuelle politische Lage und Veränderung der deutschen Außenpolitik, sowie die Präsenz in Presse und Öffentlichkeit, lässt das Thema der Folgen für an Kriegshandlungen teilnehmender Menschen aktuell und gegenwärtig werden. Der Krieg an sich ist mit seinen Auseinandersetzungen im Kosovo, im Irak, in Tschetschenien, in Afghanistan sowie an anderen Orten ins öffentliche Bewusstsein gerückt, sei es durch schwer traumatisierte Menschen, die in Deutschland Zuflucht suchen und finden können, Soldaten die an Auslandseinsätzen beteiligt sind oder Ärztinnen und Ärzte, die in entsprechende Gebiete reisen und Unterstützung zu geben versuchen. Es ist davon auszugehen, dass die Behandlung kriegstraumatisierter Soldaten (z.B. Soldaten, die in Afghanistan im Auslandseinsatz waren, traumatisiert wurden, und aus dem Militärdienst ausgeschieden sind) in Versorgungskrankenhäusern nach den Erfahrungen des 20. Jahrhunderts nun im 21. Jahrhundert wieder aktuell wird. In diesem Forschungsprojekt wird auf die Behandlung der Patienten eingegangen werden, die als Soldaten der beiden Weltkriege erkrankten und in der Anstalt Zwiefalten behandelt wurden. Hinsichtlich nosologischer Kategorien steht die Frage im Zentrum der Aufmerksamkeit, ob bei diesen Patienten Symptome auftraten, die heute der posttraumatischen Belastungsstörung zugeordnet würden. Im weiteren soll anhand der Analyse von Krankenakten des Ersten und Zweiten Weltkriegs untersucht werden, wie die auftretenden Symptome der kriegstraumatisierten Soldaten in diesem Krankenhaus behandelt wurden. Das Erkenntnisinteresse des Projekts bezieht sich auf die Frage, inwieweit die Behandlung sog. posttraumatischer Belastungsstörungen im klinischen Alltag einer Versorgungsklinik relevant war.
Projekt: Akademische Qualifikationsarbeit: Betreuung: Prof. Dr. Gerhard Längle und Priv.-Doz. Dr. Thomas Müller.
Zur Zeit ist die Bearbeitung des Themas ausgesetzt.

 

Kurzbezeichnung: DFG-Projekt MU-1804/1-2
Die psychiatrische Familienpflege in Frankreich und Deutschland. Geschichte, Debatte und Rezeption im Vergleich, ca. 18501914
Kaum ein Thema wurde in der deutschen Psychiatrie der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts so kontrovers und aggressiv diskutiert wie die Frage der Asylierung. Diese Debatte entflammte mehrmals und war verknüpft mit der Professionalisierung der Psychiatrie. Zentraler Bestandteil der Diskussion war die Unterbringung psychisch Kranker bei Familien. In Deutschland wie in Frankreich richteten sich die in ähnlichen Phasen auftretenden Debatten am Modell des frühen Vorläufers Gheel im flämischen Belgien aus. In diesem Projekt werden anhand eines internationalen Vergleichs zum einen die Gemeinsamkeiten bzw. Unterschiede des Diskurses und der institutionellen Umsetzung der psychiatrischen Familienpflege in beiden Ländern herausgearbeitet. Zum anderen wird der wissenschaftliche Transfer zwischen diesen Ländern analysiert. Untersucht wird die Zeit zwischen 1850 und 1914, da dieser Zeitraum die Schwerpunkte der Debatten und wesentlichen Umsetzungsversuche der frühen Entwicklung der Familienpflege erfasst. Mit der Untersuchung wird eine Grundlage für das historische Verständnis der Familienpflege geschaffen, deren moderne Umsetzung hierzulande gegenwärtig stark an Bedeutung gewinnt.
Kooperationspartner (in alphabetischer Reihenfolge):

  • Bauerkämper, Arnd, PD Dr. phil., Historiker
    Berliner Kolleg für Vergleichende Geschichte Europas (Geschäftsf. Leiter)
    Freie Universität Berlin
    Koserstr. 20
    14195 Berlin
  • Brandého, Daniel, Sciences et Droits Sociales
    Directeur-adjoint du Centre Hospitalier George Sand, Chargé des Affaires générales de la Communication de la Qualité
    8, rue de l’Ermitage
    F-18130 Dun-sur-Auron/18024 Bourges/18160 Chezal-Benoît
  • François, Etienne, Prof. Dr. phil., Historiker
    Direktor des Frankreich-Zentrums der Freien Universität Berlin
    Rheinbabenallee 49
    14199 Berlin
  • Godemont, Marc, Clinical Psychologist, Director Research/Project Development
    Psychiatric Hospital of the Flemish Community
    Pas 200
    B-2440 Geel
  • Hashimoto, Akira, Prof., Ph.D., Historiker
    Aichi Prefectural University
    Department of Social Welfare
    Kumabari, Nagakute-cho, Aichi-gun, Aichi-ken
    480-1198 Japan
  • Kaelble, Hartmut, Prof. Dr. phil. Dr. h.c., Historiker
    Zentrum für Vergleichende Geschichte Europas (Direktor); Institut für Geschichtswissenschaften/Sozialgeschichte, Philosophische Fakultät I
    Humboldt-Universität zu Berlin
    Unter den Linden 6
    10099 Berlin
  • Lardy, Jean-Claude, Juriste, Directeur Centre Hospitalier Spécialisé et
    Grolleau-Vallet, Chantal, Direction des Soins
    F-03360 Ainay-le-château
  • Schmidt-Michel, Paul-Otto, Prof. Dr. med., Dipl. Psych.
    Zentrum für Psychiatrie Weissenau (Chefarzt der Abteilung Sektor-Psychiatrie)
    Weingartshofer Str. 2
    88214 Ravensburg

Projekt fertiggestellt 2013, akad. Begutachtung und Annahme 2014, Publikation 2016.

 

 

Wissenschaftliche Publikationen zu den genannten und weiteren Forschungsprojekten sind gesondert und unter folgender Kontaktadresse erhältlich:

Prof. Dr. med. Thomas Müller
Leiter des Forschungsbereichs Geschichte und Ethik in der Medizin
Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie I der Universität Ulm/
Zentrum für Psychiatrie Südwürttemberg
Koordinator „Historische Forschung“ der Zentren für Psychiatrie in Baden-Württemberg
Weingartshofer Strasse 2
D-88214 Ravensburg
eMail: th.muellerzfp-zentrum.de/th.muelleruni-ulm.de
Tel.: 0049-(0)751-7601-2217 (Sekr.: -2519/ -2216)

Forschungsbereich Geschichte und Ethik in der Medizin
http://www.forschung-bw.de/history.html

Württembergisches Psychiatriemuseum
http://www.wuerttembergisches-psychiatriemuseum.de/

Verlag Psychiatrie und Geschichte
http://www.wuerttembergisches-psychiatriemuseum.de/index.php?section=verlag

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