Krankenmorde im Nationalsozialismus – Grafeneck 1940

Wechselausstellung der Gedenkstätte Grafeneck
Vom 01.05. bis 31.07.2009 im Württembergischen Psychiatriemuseum

grafeneck wechselausstellung

Vor 70 Jahren beschlagnahmte der Landrat in Münsingen das Krüppelheim der Samariterstiftung und ehemalige Jagdschloss der württembergischen Herzöge in Grafeneck, damit auf der abgelegenen Schwäbischen Alb eine Vernichtungsanstalt eingerichtet werden konnte. Im Laufe des Jahres 1940 wurden hier über 10.600 geistig behinderte und psychisch kranke Menschen in der Gaskammer ermordet. Die meisten Opfer stammten aus Württemberg, Baden, Bayern, Hessen und Nordrhein-Westfahlen. Sie wurden aus 48 privaten, kirchlichen und staatlichen Einrichtungen in den berüchtigten „grauen Bussen“ nach Grafeneck deportiert. Darunter waren auch Patienten der heutigen Zentren für Psychiatrie in Baden-Württemberg Emmendingen, Reichenau, Schussenried, Weinsberg, Winnenden, Weissenau und Zwiefalten.

Im Gedenken an die Opfer zeigt das Württembergische Psychiatriemuseum in Zwiefalten eine Wanderausstellung der Gedenkstätte Grafeneck. Sie wurde im Jahre 2003 mit dem Titel „Krankenmord im Nationalsozialismus - Grafeneck 1940“ konzipiert und 2004 in den Zentren für Psychiatrie Weissenau und Bad Schussenried mit großem Interesse aufgenommen und diskutiert. Der Kern der Ausstellung zeigt Grafeneck als Tötungs- und Vernichtungsanstalt in den Jahren 1939 bis 1941, wobei der Schwerpunkt die Morde des Jahres 1940 sind. Grafeneck steht in dieser Zeit für eines der großen „arbeitsteiligen Verbrechen“ des Nationalsozialismus. Die Bedeutung geht dabei weit über lokale und regionale Bezüge hinaus. Grafeneck wurde zum ersten Ort systematisch-industrieller Ermordung von Menschen im nationalsozialistischen Deutschland und stand somit am Ausgangspunkt ungeheuerlicher Menschheitsverbrechen. Am 18. Januar 1940 begannen die Morde in Grafeneck, denen bis Ende Dezember 1940 mehr als 10.600 Menschen - Männer, Frauen und Kinder - zum Opfer gefallen sind.

Berührend sind die Schicksale der Opfer dargestellt und die Reaktionen der Familien, nachdem sie über den Tod des Angehörigen unterrichtet wurden. Erschreckend sind die Täterbeschreibungen, wo aus einem ganz normalen Menschen ein Massenmörder wird. So schließt die Ausstellung auch mit den Strafprozessen gegen die Grafeckecker Täter in den Jahren 1948 und 1949. In Tübingen und Freiburg wurden insgesamt 10 Männer und Frauen „wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit“ und „Beihilfe zum Mord“ angeklagt. Fünf von ihnen wurden freigesprochen – darunter auch Beamte der württembergischen Kriminalpolizei, die das Standesamt in Grafeneck geführt hatten, sowie ein Krankenpfleger und eine Krankenschwester, die die grauen Busse begleitet und die Opfer bis zur Gaskammer geführt hatten. Das Gericht in Tübingen erkannte einen Befehlsnotstand an und sprach sie mangels Beweisen frei.

Fotos der Ausstellung:

thumb1 thumb2 thumb3 thumb4