Hausgeschichte Zwiefalten

1874 bis 1898 - Direktor Dr. Julius Anton Koch

koch
Das Grab von Dr. J. A. Koch auf
dem ehemaligen Zwiefalter Anstaltsfriedhof.

Als Schäffer 1874 hochgeehrt in den Ruhestand gegangen war, schloss die Zwiefalter Ära des wohlgeordneten Hausstandes, als deren väterliches Oberhaupt er über das Wohlergehen jedes Einzelnen gewacht hatte. Sein Nachfolger Dr. Julius Anton Koch sah sich der heillosen Überfüllung in den württembergischen Anstalten ausgesetzt und musste die baulichen und personellen Voraussetzungen für die Aufnahme von möglichst vielen Kranken schaffen, deren Zahl von 1876 bis 1892 von 298 auf 565 Kranke anstieg. Um Raum für die Kranken zu schaffen wurden die Beamtenwohnungen in der Anstalt geräumt und große Wachsäle eingerichtet. Die Anstalt erhielt eine Zentralheizung und eine Druckwasserleitung. Die Werkstätten wurden vergrößert, die Landwirtschaft ausgebaut und die Parkanlagen erweitert. Wegen der zunehmenden Zahl an kriminellen und gefährlichen Kranken sah sich Koch genötigt, die Anstalt gegenüber der Gemeinde abzusichern und zu verschließen.

Anders als seine Vorgänger veröffentlichte Koch eine Reihe von Büchern und Aufsätzen zur Psychiatrie, darunter seine bekannte dreibändige Monographie (1891-1893) über „Die psychopatischen Minderwertigkeiten“. Es war der erste Versuch, die abnormen Persönlichkeiten von den psychotischen Erkrankungen im engeren Sinne abzugrenzen. Als wolle er sich vor der späteren Vereinnahmung schützen, schrieb er in seiner Einleitung: „Der Ausdruck Minderwertigkeit soll jedoch keineswegs besagen, daß immer das ganze psychische Verhalten der Betroffenen minderwertig und ihre ganze geistige Persönlichkeit, an und für sich betrachtet, eine niedrig stehende sein müsste. Nicht wenige psychopatisch Minderwertige, obgleich sie in sich geschädigt und gekürzt sind, ragen doch in manchen geistigen Leistungen, ja nach dem ganzen Wert ihrer geistigen Persönlichkeit über viele normale Menschen hinaus.“

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